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Mit diesen Erörterungen schliessen wir den Nachweis einer
historischen Begründung der lex situs in der Entwicklung der
Rechtssouveränetät unter Verwerfung der Annahme, des absoluten
Territorialitätsprincips.
Aber auch die Grundlage des Feudalismus für die lex rei
sitae aufzustellen, wäre unrichtig. Denn erstens haben wir ge-
sehen, dass das Recht der belegenen Sache sich nothwendig aus
sich selbst entwickelte, zweitens wäre es verkehrt, aus der publi-
zistischen Natur des Feudalismus Schlüsse auf privatrechtliche
Verhältnisse, insbesondere für örtliche Herrschaftsgrenzen der
Rechtsnormen, ziehen zu wollen. Die Anwendung der lex rei
sitae für das Lehenswesen ist allerdings analog, allein die Gründe
für deren Anwendung liegen, wie wir später sehen werden im
öffentlichen Rechte.
Fassen wir das Ergebniss unserer Untersuchungen zusammen,
so gelangen wir zu folgenden, auch das internationale Sachen-
recht regelnden Grundsätzen.
1. Die räumliche Herrschaft der Rechtsnormen beruht in der
Rechtssouveränetät. Dieselbe ist die historische Folge der Rege-
neration eines einheitlichen im Raume (nicht mehr nach dem
System der persönlichen Rechte) herrschenden Rechts.
2. Unbeschadet der Rechtssouveränetät blieb als historischer
Gegensatz daneben das System der persönlichen Rechte fort-
bestehen.
3. Die Collision zwischen Rechtssouveränität mit dem System
ler persönlichen Rechte entscheidet sich nicht nach allgemeinen
grossen Grundsätzen, sondern durch Lösung der Einzelfragen.
4. Dogmatisch wäre ein Abgehen von der lex rei sitae im
Sachenrechte unmöglich.
Hiemit sei aber nicht wieder eine neue Theorie aufgestellt,
sondern die Erklärung aus der geschichtlichen Rechtsentwicklung
selbst versucht, deren Verfolgung jedoch augenscheinlich die Auf-
stellung grosser Principien überflüssig macht. Es bleibt gleich-