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Das römische Recht, auch ın seiner neueren Ausbildung,
steht dieser Materie gegenüber noch auf dem Standpunkt des
laisser: faire, indem es die Concurrenz in weitestem Massstab
walten lässt, auch die unlautere. Was:ın der neueren Zeit an
gesetzlicher Regelung geschehen ist auf dem Gebiet des Urheber-
rechts, des Patentrechts, des Marken- und Musterschutzrechts
hat im System keinen Platz gefunden; das Urheberrecht ist
immer noch eine gräce fondee en justice, wie es im arret de
privilege von 1777 heisst?). Und doch handelt es sich hierbei
um den Schutz von Gütern, die im heutigen Verkehrsleben die-
selbe Bedeutung haben, wie die körperlichen Sachen, denen das
römische Recht und leider auch der Entwurf des bürgerlichen
Gesetzbuchs allein den vollen gesetzlichen Schutz gewährt, das
Eigenthumsrecht.
Die sociale Forderung: Jeder Arbeit gebührt als Lohn das
durch sie geschaffene Gut, hat in die Eigenthumslehre insofern
Eingang gefunden, als vielfach die rechtsphilosophische Begründung
des Eigenthums auf Arbeit zurückgeführt wird. Wenn nun auch
die Arbeitstheorie als nicht erschöpfend abzuweisen ist, darf nicht
übersehen werden, dass die Erkenntniss dieses socialen Postulats
dazu geführt hat, den im Eigenthum enthaltenen Schutz auch
auf immaterielle Güter auszudehnen. Und das können wir als
einen Hauptfortschritt unseres neueren Rechts bezeichnen, dass
es den Versuch gemacht hat, dieser socialen Strömung Rechnung
zu tragen und die Immaterialgüter in den Kreis der vom Recht
geschützten Objecte aufzunehmen. Die Wissenschaft hat mit
dieser Entwickelung nicht gleichen Schritt gehalten. Sie sträubt
sich noch, die Consequenz aus dem Zugeständniss zu ziehen,
welches die Gesetzgebung der Umgestaltung unserer socialen Ver-
hältnisse gemacht hat; sie sträubt sich noch den Eigenthums-
begriff auf die Immaterialgüter auszudehnen.
3) Altes und Neues. S. 25.