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lassenen Zwangsmassregeln auch grossjährigen Hauskindern
gegenüber Platz greifen. Dagegen ist die Frage von praktischer
Wichtigkeit, ob dieselben auch dem Vormund gegenüber seinen
Mündeln zustehen. Nach $$ 240—243 II 18 A.L.-R. konnte dies
nicht zweifelhaft sein; aber auch vom Standpunkte der 88 27 ff.
der Vormundschaftsordnung aus muss (die Frage bejaht werden,
(da die Erziehung der Jugend, mag sie nun in den Händen des
Vaters oder der Mutter oder des Vormundes liegen, immer den-
selben Zweck verfolgt, (die Kinder zu künftigen brauchbaren Mit-
gliedern des Staats heranzubilden $ 108 II 2 A.L.-R), dieser Zweck
aber allseitig nur erreicht werden kann, wenn den verschiedenen
Erziehern grundsätzlich die gleichen Zuchtmittel zu Gebote
stehen!®). Zu weit geht aber m. E. DernguRrG!?), wenn er behauptet,
(lass der Vormund die Unterbringung des Mündels in eine öffen-
tliche Corrigendenanstalt bei deren Verwaltung direct (also ohne
vorgängigen Beschluss des Vormundschaftsgerichts) beantragen
könne, und dass letztere dem Antrage erforderlichenfalls stattzu-
geben habe. Denn die Erziehungsgewalt des Vormundes kann
naturgemäss nicht über diejenige des Hausvaters hinausgehen;
diesem aber stehen nach 88 86 ff. II2 A.L.-R. wenn die häuslichen
Erziehungsmittel nicht ausreichen, aussergewöhnliche Zuchtmittel
nur mit Bewilligung des Vormundschaftsgerichts zu Ge-
bote. Auch würde DernguRre’s Ansicht praktisch dahin führen,
dass ein gewissenloser Vormund darnach trachten könnte, durch
die (gegebenenfalls nicht erforderliche) Unterbringung des Mündels
in eine solche Corrigendenanstalt, deren Vorstand nach $ 13 der
Vorm.-Ord. die Rechte eines gesetzlichen Vormundes hat,
18) So auch Hesse, die Vormundschaftsordnung, Anmerk. zu $ 16, Zw.-
Erz.-Ges. und MAERCKER, die Nachlassbehandlung Abschnitt II $ 3 Note a.
19, Das Vormundschaftsrecht $ 63 Note 33. — Vgl. über die hier be-
handelten Fragen noch BoAs bei GrucHoT, Bd. 20 S. 767 ff. und NEUMANN
die preuss. Vorm.-Ord. zu $ 27.