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werden, selbst wenn der Vormund pflichtgetreu handelte und
der Unterbringung widerspricht. Leben die Eltern oder ein
Elterntheil des Kindes, so ist die Unterbringung sowohl dann zu-
lässig, wenn die Eltern die Verwahrlosung des Kindes verschul-
(let haben ($$ 1546 und 1685 Satz 2), als auch dann, wenn sie
frei von Schuld, aber mit der Zwangserziehung einverstanden
sind ($ 1504). Die Motive zu 8 1546°!) gehen sogar noch weiter.
Sıe führen aus, dass, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt
sich weigere, gemäss $ 1504 die Unterbringung des sittlich ver-
wahrlosten Kindes in eine Erziehungs- oder Besserungsanstalt
beim Vormundschaftsgerichte zu beantragen, dieses hierin unter
Umständen eine Vernachlässigung der Erziehung erblicken und
nunmehr von Amtswegen nach Massgabe des $ 1546 eingreifen
könne. Hiernach versagen die Vorschriften des B. G.-B. nur da,
wo der Inhaber der elterlichen Gewalt weder die Verwahrlosung
ddes jugendlichen Uebelthäters verschuldet hat, noch in die
Unterbringung desselben zur Zwangserziehung willigt, noch
durch diese letztere Weigerung die Erziehung vernachlässigt.
Allein um des praktisch sehr seltenen Falles willen, wo in jener
Weigerung kein Verschulden liegt, erscheint der Vorbehalt für
(lie Landesgesetze um so weniger erforderlich, als in (diesem Falle,
wie später zu erörtern sein wird, die Zwangserziehung meines
Erachtens überhaupt nicht gerechtfertigt ist.
b) Der Vorbehalt für die Landesgesetze kann aber ferner in
seinen Consequenzen zu ganz unhaltbaren Rechtszuständen führen.
Da er nämlich ausschliesslich für den Fall, dass ein noch
nicht 12 Jahre altes Kind eine strafbare Handlung be-
sangen hat, gemacht ist, können die Landesgesetze in diesem
Falle die Zulässigkeit der Zwangserziehung an strengere Er-
fordernisse knüpfen als das B. G.-B. dies ohne Rücksicht auf
31) Bd. IV S. 807; vgl. auch Mot. zu Art.16 Einf.-Ges. ($ 55 Str.-G.-B.)
S. 124.