— 340 ° —
das Vorliegen einer strafbaren Handlung thut. So ist nach dem
preussischen Gesetze vom 13. März 1878 die Unterbringung eines
elternlosen jugendlichen Delinquenten nur zulässig, wenn mit
Rücksicht auf die Beschaffenheit der Strafthat, die Persön-
lichkeit der Erzieher u. s. w. die Gefahr weiterer sittlicher Ver-
wahrlosung anzunehmen ist, während nach $ 1685 des Enntwurfes
eines B. G.-B. derselbe Knabe, wenn er eine strafbare Handlung
nicht begangen oder noch nicht das sechste oder bereits das
zwölfte Lebensjahr zurückgelegt hat, ohne Weiteres nach
freiem Ermessen des Vormundschaftsgerichts zur Zwangserziehung
gebracht werden kann. Aehnlich verhält es sich mit Kindern,
welche der Erziehungsgewalt der Eltern oder eines Elterntheiles
unterstehen. Solche Kinder können, wenn sie im Alter von 6 bis
12 Jahren ein Delict begangen haben, nur unter den Voraus-
setzungen der das bürgerliche Gesetzbuch insoweit durchbrechen-
den Vorschriften des preuss. Zwangserziehungsgesetzes, wenn sie
dagegen jene Altersgrenze noch nicht erreicht oder bereits über-
schritten oder eine Strafthat innerhalb jener Altersgrenze nicht
begangen haben, unter den wesentlich abweichenden Voraus-
setzungen des $ 1546 B. G.-B. zur Zwangserziehung gebracht
werden. Ein solcher Zwiespalt besteht bereits gegenwärtig zwischen
dem Zwangserziehungsgesetze und den dem Enntwurfe eines B. @.-B.
vielfach correspondirenden Vorschriften des preussischen A. 1.-R.
bezw. den Vorschriften der preussischen Vormundschaftsordnung.
Ich erinnere nur an $ 28 V.-O., wonach das Vormundschaftsge-
richt allgemein aus „erheblichen Gründen‘ der Mutter eines
minderjährigen Kindes das Erziehungsrecht entziehen und dessen
Unterbringung in eine Erziehungs- oder Besserungsanstalt anord-
nen kann, während, wenn das Kind im Alter von 6 bis 12 Jahren
ein Delict beging, die Specialvorschriften des Zwangserzielungs-
gesetzes Platz greifen. Wenn dieser Zwiespalt sich bisher in der
Praxis nicht besonders fühlbar machte, so ist dies wohl dem
Umstande zuzuschreiben, dass speciell die landrechtlichen Be-