Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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das Vorliegen einer strafbaren Handlung thut. So ist nach dem 
preussischen Gesetze vom 13. März 1878 die Unterbringung eines 
elternlosen jugendlichen Delinquenten nur zulässig, wenn mit 
Rücksicht auf die Beschaffenheit der Strafthat, die Persön- 
lichkeit der Erzieher u. s. w. die Gefahr weiterer sittlicher Ver- 
wahrlosung anzunehmen ist, während nach $ 1685 des Enntwurfes 
eines B. G.-B. derselbe Knabe, wenn er eine strafbare Handlung 
nicht begangen oder noch nicht das sechste oder bereits das 
zwölfte Lebensjahr zurückgelegt hat, ohne Weiteres nach 
freiem Ermessen des Vormundschaftsgerichts zur Zwangserziehung 
gebracht werden kann. Aehnlich verhält es sich mit Kindern, 
welche der Erziehungsgewalt der Eltern oder eines Elterntheiles 
unterstehen. Solche Kinder können, wenn sie im Alter von 6 bis 
12 Jahren ein Delict begangen haben, nur unter den Voraus- 
setzungen der das bürgerliche Gesetzbuch insoweit durchbrechen- 
den Vorschriften des preuss. Zwangserziehungsgesetzes, wenn sie 
dagegen jene Altersgrenze noch nicht erreicht oder bereits über- 
schritten oder eine Strafthat innerhalb jener Altersgrenze nicht 
begangen haben, unter den wesentlich abweichenden Voraus- 
setzungen des $ 1546 B. G.-B. zur Zwangserziehung gebracht 
werden. Ein solcher Zwiespalt besteht bereits gegenwärtig zwischen 
dem Zwangserziehungsgesetze und den dem Enntwurfe eines B. @.-B. 
vielfach correspondirenden Vorschriften des preussischen A. 1.-R. 
bezw. den Vorschriften der preussischen Vormundschaftsordnung. 
Ich erinnere nur an $ 28 V.-O., wonach das Vormundschaftsge- 
richt allgemein aus „erheblichen Gründen‘ der Mutter eines 
minderjährigen Kindes das Erziehungsrecht entziehen und dessen 
Unterbringung in eine Erziehungs- oder Besserungsanstalt anord- 
nen kann, während, wenn das Kind im Alter von 6 bis 12 Jahren 
ein Delict beging, die Specialvorschriften des Zwangserzielungs- 
gesetzes Platz greifen. Wenn dieser Zwiespalt sich bisher in der 
Praxis nicht besonders fühlbar machte, so ist dies wohl dem 
Umstande zuzuschreiben, dass speciell die landrechtlichen Be-
	        
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