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werden, welche der Civilprocess für den Schutz der verletzten
oder bedrohten Privatrechte bietet, ähnlich dem Entmündig-
ungsverfahren, welches ebenfalls dem Ineinandergreifen öffent-
licher und privater Interessen Rechnung trägt.
4. Keine der vorstehend unter No. 1 bis 3 erörterten Ver-
fahrensarten genügt, «da keine derselben allen zu berücksichti-
senden Interessen gerecht wird. Die Unzulänglichkeit des gegen-
wärtigen vormundschaftsgerichtlichen Verfahrens hoffe ich bei
dessen Darstellung hinlänglich dargethan zu haben. Ein eigent-
licher förmlicher Strafprocess aber würde auch schon darum
nicht ganz am Platze sein, weil doch eben nicht die Verhängung
einer Strafe in Frage steht. Entschlösse man sich nun gar
dazu, die Zwangserziehung auch ohne das Vorliegen einer straf-
baren Handlung zuzulassen, so würde das Verlangen nach den
durch den Strafprocess allein gebotenen Cautelen für die Her-
beischaffung des vollständigen Be- und Entlastungsmaterials gegen-
standslos.. Das Zwangserziehungsverfahren aber endlich in die
Formen des Civilprocesses zu kleiden wäre auch darum be-
denklich, weil die privatrechtlichen Interessen der Eltern gegen-
über der Schutzbedürftigkeit der Gesellschaft und des Kindes
trotz ihrer schwerwiegenden Bedeutung immerhin meist nur secun-
därer Natur sind und überdies bei elternlosen Kindern in
Wegfall kommen.
Nur in einem eigenthümlich combinirten Verfahren würden
alle jene vielgestaltigen Interessen genügende Berücksichtigung
finden können. Die Grundzüge eines solchen Verfahrens zu ent-
werfen, würde über das mir hier gesteckte Ziel hinausgehen. Nur
dies sei bemerkt, dass mir AscHrorr's Vorschlag ®), das Verfahren
vor einem aus dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzenden und
je einem Vertreter der Staats- und der Localbehörde, der Geist-
lichkeit und der Schule als Beisitzern bestehenden Collegium (Er-
65) a. a. O. 8. 37 ff.