Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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Die Neugestaltung der beschliessenden Behörde im Sinne 
ASCHROTT'S würde es, wie dieser zutreffend hervorhebt, ermög- 
lichen, jener Behörde auch die Entscheidung über die Art der 
Unterbringung (in eine Familie oder Anstalt) und die Aus- 
führung derselben anzuvertrauen. Damit wäre viel gewonnen; 
denn der zur Zeit bestehende Dualismus zwischen den Entscheid- 
ungen des Gerichts und der Verwaltungsbehörde gereicht dem 
ganzen Institute der Zwangserziehung nur zum Nachtheil. — Ein 
ähnlicher Nachtheil erwächst aber andererseits, wie schon früher 
bemerkt, aus der Vereinigung der Entscheidungen über die Straf- 
that und die Unterbringung zur Zwangserziehung in der Hand 
des über die Lebensverhältnisse des Kindes zu wenig informirten 
Strafrichters. Deshalb sollte, wie auch die strafrechtliche Be- 
handlung der verbrecherischen Jugend in Zukunft geregelt werden 
mag, unter allen Umständen eine Trennung des strafgericht- 
lichen von dem Zwangserziehungsverfahren eintreten. Das Ham- 
burger Gesetz vom 6. April 1887 kann in dieser Hinsicht als 
Vorbild dienen; darnach ist gegen Jugendliche, welche wegen 
einer strafbaren Handlung verurtheilt worden sind und ent- 
weder die gegen sie erkannte Strafe verbüsst oder Strafaufschub 
erhalten haben oder begnadigt sind, nachträglich ein besonderes 
/wangserziehungsverfahren zulässig‘®). Nach dem Vorhergesagten 
halte ich natürlich auch die Trennung in dem Falle, dass der 
Jugendliche lediglich wegen mangelnder Einsicht freigesprochen 
wurde, für erforderlich. Die zur Zeit bestehende wichtige Streit- 
frage, ob mit Rücksicht auf $ 56 Abs. 2 Str.-G.-B. eine jugend- 
liche Person auch dann unter Anklage zu stellen ist, wenn ihre 
Freisprechung auf Grund des $ 56 Abs. 1 von vornherein zu er- 
warten steht#®), wird durch jene Trennung des Straf- und Zwangs- 
erziehungsverfahrens gegenstandslos werden. — Ist übrigens der 
68) Aehnlich das Lübecker Gesetz v. 20. März 1884; vgl. AscHroTH a. 
a.0. S. 25. 
69) Vgl OrnsmAausen Commentar zu $ 56 Str.-G.-B. Note 18. 
Archiv für öffentliches Recht. VIII. 2. 3. 24
	        
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