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mieden; das Wort ist auf seine Bedeutung in dem Sinne, den
man früher den engeren nannte, ausschliesslich beschränkt worden:
eine staatlich an der Grenze erhobene Abgabe von über sie aus-
oder einzuführenden Handelsgütern.
In dieser Bedeutung gebraucht auch die deutsche Reichsver-
fassung das Wort allein. Sie scheidet die beiden Unterarten der
indirecten Reichseinkünfte in Verbrauchssteuern und Zölle. Die
enge Begriffsverbindung der letzteren mit dem Handel erkennt
sie dadurch an, dass sie in ihren bezüglichen Abschnitt VI
überschreibt: Zoll- und Handelswesen; obgleich von dem letzteren
selbständig in diesem Abschnitt gar nicht die Rede ist. Er
kommt also für die Machtsphäre des Reiches hier nur insoweit
in Betracht, als er einen nothwendigen Bestandtheil des Zollbe-
grifts darstellt.
In diesen streng auseinander haltenden Sprachgebrauche
geht die Reichsgesetzgebung in streng formeller Folgerichtigkeit
sogar so weit, dass sie Abgaben, welche, wie wir unten sehen
werden, rechtlich durchaus als Zölle zu kennzeichnen sind, die
sogenannten Uebergangsabgaben von Bier und Branntwein, des-
halb nur so, und nicht Zölle nennt, weil das Reich natürlich nicht
dabei amtlich zugeben mag, dass es innerhalb seines Zollgebietes
doch noch eine Grenze gibt.
Diese Uebergangsabgaben fallen also mit unter den Begrift
der Zölle; im Uebrigen aber kennt die heutige Gesetzgebung
keinen Chausseezoll, Brückenz oll u. s. w. mehr, sondern spricht
nur von Chausseegeld, Brückengeld u. s. w.
Dass diese Begriffsvermischung sich in dem deutschen Reiche
des Mittelalters um so leichter herausbilden musste, lag ja auch
an den masslos vermehrten territorialen Abgrenzungen innerhalb
seines Gebietes. Der Begriff einer wirklichen Staatsgrenze konnte
sich in den Anfängen der staatlichen Entwicklung nur da rein
herausbilden, wo, wie bei den beiden Haupt-Uulturstaaten des clas-
sischen Alterthums, das Meer und mächtige Gebirge eine unver-