Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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wickelung und Bestand von Industrie und Gewerbe; aber er soll 
für diese nicht gleichzeitig Finanzzoll sein, das heisst eine den 
Betreffenden sofort und unmittelbar in die Tasche fliessende Er- 
höhung der Consumtionspreise herbeiführen. Diese Wirkung soll 
er nur den Staatskassen gegenüber ausüben, d. h. für diese 
reiner Finanzzoll sein und bleiben. Keinenfalls darf er also so 
hoch sein, um den ausländischen Mitbewerb ganz auszuschliessen. 
Und ganz aus diesem selben Grunde soll auch der als reiner 
Finanzzoll auferlegte sich immer in den Schranken halten, dass 
er nicht als Schutzzoll wirkt. Es bedarf hier nicht weiter der 
Ausführung, weshalb agrarische Zölle schon deshalb schlechthin 
verwerflich sind, weil sie keinem dieser Begriffe und Erforder- 
nisse ganz entsprechen. Sie können nicht als Finanzzölle im 
Sinne des Zollrechts betrachtet werden, weil sıe für das Getreide, 
welches ihnen zum Trotz vom Auslande in’s Inland gebracht und 
hier verzehrt wird, nicht den Handel, sondern die Consumtion 
treffen und also als Verbrauchssteuer!?) erscheinen (und zwar als 
eine der denkbar schlechtesten Art, weil sie von Oben nach Unten 
hin progressiv zunimmt); und sie können eben so wenig als 
Schutzzölle im Sinne des Zollrechts angesehen werden, weil die 
Production der Landwirthschaft sich nicht willkürlich steigern, 
und der Bedarf ihrer Erzeugnisse sich eben so wenig willkürlich 
einschränken lässt. 
Wir wollen bei dieser Gelegenheit nur an eine merkwürdige 
Bestätigung erinnern, welche das gleichzeitige Emporwachsen 
der Gedanken des Schutzzollsystems und des Staatssocialismus 
in jüngster Zeit bei uns einer fast 50 Jahre früher ausge- 
sprochenen Behauptung des National-Dekonomen FR. BAsTIAT zu 
seben scheint. In seiner an Herrn 'Tmers gerichteten Schrift: 
13) Dass man sich dieses Charakters der Getreidezölle in den Kreisen 
der verbündeten Regierungen wohl bewusst war, dafür spricht auch die Auf- 
nahme des noch unten zu erwähnenden $8 des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 
1879, der im directen Gegensatze zu Art. 38 der Reichsverfassung stand.
	        
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