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leibung jener kleinen Vorarlberger Dorfgemeinde durch einen
Staatsvertrag in der Gesetzsammlung nicht weniger als 11 Seiten
einnimmt, jene beiden hochwichtigen Errungenschaften zunächst
und unmittelbar zusammen kaum 3 Seiten der Gesetzsammlung
des deutschen Reichs für sich beanspruchen! Aber freilich hat
gerade dieser Laconismus eine lange Vorgeschichte; und wie es
weit schwieriger ist, mit wenigen Worten Viel, als mit vielen
Wenig zu sagen, so pflegt insbesondere bei einem Gesetze das,
was nicht darin steht, viel mehr Kämpfe zu kosten, als was wirk-
lich hineinkommt. Die Geschichte der Vorkämpfe um das Zu-
standekommen der beiden Gesetze vom 16. Februar 1882 (G.-S.
S. 39) (betr. Hamburgs) und 31. März 1885 (G.-S. S. 79) (betr.
Bremens) zeigt, dass es sich dabei zwischen jenen beiden Frei-
staaten und dem Reiche anscheinend nur um eine formelle Ver-
fassungsfrage des inneren deutschen Staatsrechts handelte, der
aber materiell die Macht- und schliesslich, wie bei jeder Macht-
frage, die Geldfrage zu Grunde lag.
Nachdem in den beiden freien Städten hauptsächlich auch
durch das Gewicht und den Einfluss einer grossen inneren Par-
tei, vorzugsweise aus Handwerkern und Klein-Gewerbetreibenden
bestehend, der Gedanke des Anschlusses an den Zollverein des
deutschen Reiches sich Bahn gebrochen hatte, und daher die Re-
gierungen beider Staaten dem Reiche gegenüber ihre Geneigtheit
bekundeten, die auf die Zukunft gestellte cassatorische Olausel
ihrer Ausnahmsstellung in Art. 34 der Reichsverfassung wenig-
stens theilweise in Wirklichkeit treten zu lassen: da stellte sich
das Reich zunächst auf den Standpunkt, dass es dazu lediglich
ihres in dem Art. 34 bereits vor- und vorausgesehenen Antrages
bedürfe, ein besonderer Staatsvertrag dazu also eben so wenig
nothwendig sei, als es auch feststehe, dass diese Aenderung der
Zollgrenze keine Verfassungsänderung enthalte und daher auch
kein besonderes Reichsgesetz nöthig mache. Dieser zwischen den
drei Regierungen geführte Streit hat dann schliesslich damit ge-