Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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Preussen unterworfen haben würden. Gleichwohl machte sich 
der Einfluss der politischen Thatsachen derart geltend, dass der 
Entwurf der norddeutschen Bundesverfassung wesentlich von dem 
Juni-Entwurfe abweicht, und eine starke unitarische Tendenz zu 
Gunsten des preussischen Staates in ihm sichtbar ist. 
In der Organisation der Bundesgewalt schloss man sich zwar 
grundsätzlich an den Juni-Entwurf an. Der Schwerpunkt der 
Bundesverfassung ruhte also auch weiterhin in dem nunmehr als 
Bundesrath bezeichneten (sesandten-Congresse der verbündeten 
Staaten. Innerhalb desselben war nach der von den verbündeten 
Regierungen angenommenen preussischen Vorlage der Krone 
Preussen eine ähnliche Stellung zugedacht wie einst zu Frank- 
furt a. M. der österreichischen Präsidialmacht. Sie sollte den 
Bundesrath und Reichstag berufen und schliessen, die Vorlagen 
nach Massgabe der Bundesrathsbeschlüse an den Reichstag 
bringen, die Bundesgesetze ausfertigen und verkündigen und durch 
den Bundeskanzler, der gleich dem österreichischen Präsidial- 
gesandten als ein dem Auswärtigen Ministerium untergeordnetes 
Organ gedacht war, den Vorsitz ım Bundesrathe führen. 
Neben diesen formellen Präsidialbefugnissen erhält jedoch die 
Krone Preussen eine Reihe materieller Rechte für das ganze Bun- 
desgebiet. Hier gewinnt die vorher geschilderte unitarische Strömung 
innerhalb des Rahmens der Bundesverfassung dieOberhand. Die aus- 
wärtige Verwaltung, Post und Telegraphie, Kriegswesen und Kriegs- 
marine, die Ernennung der Bundesbeamten und die Ueberwachung 
der Ausführung der Bundesgesetze gehen unbeschadet der einzel- 
staatlichen Reservatrechte für das ganze Bundesgebiet auf die 
Krone Preussen über. Es werden also einfach die Einzelstaaten 
zu Gunsten Preussens mediatisirt, was um so leichter möglich 
war, als keinem Einzelstaate das Recht eigener diplomatischer 
Vertretung entzogen wurde, Post und Telegraphie schon vertrags- 
inässig in den meisten Bundesstaaten an Preussen abgetreten 
waren, einzelne Staaten in ähnlicher Weise schon Militärconven- 
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