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des Auswärtigen untergeordneten Präsidialgesandten plötzlich zum
dirigirenden Bundesminister heraufgeschraubt war.
Diese veränderte Stellung des Bundeskanzlers wirkte aber
nothwendig auf die verfassungsmässige Stellung des Bundes-
präsidiums zurück. Handelte der’ König von Preussen nicht mehr
durch Organe des preussischen Staates, so konnten auch die be-
treffenden Acte nicht mehr Handlungen des Königs von Preussen
als solchen sein. Derselbe war vielmehr, indem er als Bundes-
präsident ausserhalb des preussischen Staates stehende Organe
erhielt, Träger einer besonderen staatsrechtlichen Persönlichkeit
geworden, die allerdings immer mit dem preussischen Könige
dieselbe physische Person sein musste. Während die ursprüngliche
Anlage der Bundesverfassung nur die im Bundesrathe vertretene
Gesammtheit der verbündeten Regierungen und den König von
Preussen als solchen kannte, tritt nunmehr das Bundespräsidium
als selbständige Rechtspersönlichkeit hinzu.
Es war natürlich, dass der neue Rechtsgedanke, der in der
Bundesverfassung in so unscheinbarer Weise zum Durchbruche
gelangt war, sich nicht sofort in allen seinen Consequenzen Geltung
verschaffte. Immerhin zog schon der Allerhöchste Präsidialerlass
vom 12. August 1867 betreffend die Errichtung des Bundeskanzler-
amtes aus der nunmehrigen verfassungsmässigen Organisation die
zutrefiende Folgerung. Für die dem Bundeskanzler obliegende
Verwaltung und Beaufsichtigung der durch die Verfassung zu
Gegenständen der Bundesverwaltung gewordenen, bezw. unter die
Aufsicht des Bundespräsidiums gestellten Angelegenheiten, sowie für
die dem Bundeskanzler zustehende Bearbeitung der übrigen Bundes-
angelegenheiten wurde eine Behörde unter der Bezeichnung Bundes-
kanzleramt errichtet. Dem entsprechend wurde durch Allerhöchsten
Präsidialerlass vom 18. Dezember 1867 auch die Verwaltung des
Post- und Telegraphenwesens und demnächst die Marine- und
Heeresverwaltung, soweit es sich dabei um Präsidialbefugnisse