Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

— 4598 — 
fieation durch Einschiebung des Präsidiums und des Kaiserthumes 
als verfassungsmässigen Organes. 
Wo Bundesrath undReichstag die einzigen verfassungsmässigen 
Organe waren, da war für eine positive oder negative Theil- 
nahme des Präsidiums an der Gesetzgebung kein Platz. Aus 
dem Umstande, dass der Bundesrath zu beschliessen hatte über 
die dem Reichstage zu machenden Vorlagen und die von dem- 
selben gefassten Beschlüsse, letzteres auch dann, wenn sie mit 
der Bundesraths-Vorlage sich deckten, konnte sehr wohl ein 
Sanctionsrecht des Bundesrathes als des unmittelbaren Vertreters 
des Collectiv-Souveräns gefolgert werden. Für das mit dem 
Könige von Preussen noch identische Bundespräsidium blieben 
nur die formalen Befugnisse der Ausfertigung und Verkündigung. 
Dass der König von Preussen ein allgemeines Vetorecht nicht 
besass, ergab sich als argumentum e contrario aus dem Um- 
stande, dass es ihm für einzelne Fälle zugestanden war. 
Mit der Erhebung des Bundespräsidiums und des Kaiser- 
thums zum verfassungsmässigen Bundesorgane erfuhren die Ver- 
fassungsbestimmungen über die Bundes- und Reichsgesetzgebung 
keine Veränderung. Nach wie vor sollte die Uebereinstimmung 
von Bundesrath und Reichstag zu einem Reichsgesetze erforder- 
lich und ausreichend sein, und dem Kaiser nur die Ausfertigung 
und Verkündigung der Reichsgesetze zustehen. 
Der durch die Reichsverfassung festgestellte Weg der Reichs- 
gesetzgebung, über welchen an sich kein Zweifel besteht, ist nun 
der folgende.. Abgesehen von den aussergewöhnlichen Fällen, ın 
denen eine (xesetzesvorlage durch einen Initiativantrag des Reichs- 
tages eingebracht ist, hat zunächst der Bundesrath über die dem 
Reichstage zu machende Vorlage zu beschliessen (Art. 7). Sodann 
wird die Vorlage nach Massgabe der Beschlüsse des Bundes- 
rathes im Namen des Kaisers an den Reichstag gebracht, und 
dort durch Mitglieder des Bundesrathes oder Commissare des- 
selben vertreten (Art. 16). Ueber die vom Reichstage gefassten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.