Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

— 466 °— 
Willenserklärung, keine Negation des kaiserlichen Gesetzgebungs- 
rechtes, da auch bei rechtlich gebundenem Willen dieser selbst 
nicht aufgehoben wird, und noch eine Willenserklärung möglich 
bleibt und von rechtlicher Bedeutung sein kann?”). 
Die Ausschliessung des an sich aus dem kaiserlichen Gesetz- 
gebungsrechte zu folgernden Vetorechtes kann nun entweder 
durch positive Rechtssatzung oder negativ erfolgen, indem dem 
Gesetzgebungsrechte des Kaisers nicht die weitgehende Bedeutung 
beigelegt wird, dass in ihm ein Vetorecht enthalten wäre. 
Die Feststellung, ob dem Kaiser ein Veto bei der "Gesetz- 
gebung zusteht, ist nun deshalb besonders schwierig, weil es sich 
um eine aus dem Gewohnheitsrechte zu schöpfende Entscheidung 
handelt, dieses aber zu seiner Ermittlung der Präcedenzfälle be- 
darf, welche im vorliegenden Falle nicht vorhanden sind. Die 
herrschende Ansicht spricht jedenfalls dem Kaiser ein Vetorecht 
ab. Für die Erkenntniss des Gewohnheitsrechtes ist aber dieser 
Theorie eine entscheidende Bedeutung nicht beizulegen, weil sie 
auf der rechtsirrthümlichen Voraussetzung beruht, dass der 
Kaiser nicht Träger der gesetzgebenden Gewalt sei, mit der 
Voraussetzung aber auch die daraus gezogene Folgerung in sich zu- 
sammenfällt.e. Ebenso irrelevant ist jedoch auch die entgegen- 
gesetzte, in der Literatur vereinzelt vertretene Auffassung, welche 
dem Kaiser ein Vetorecht zuspricht, weil ihm die Reichsverfassung 
keine Verpflichtung zur Ausfertigung und Verkündigung auflege. 
Denn auch sie ist nur eine aus rechtsirrthümlichen Voraus- 
setzungen hervorgegangene Interpretation aus dem geschriebenen 
27) So lautet z. B. die Eingangsformel der englischen Gesetze: „Be it 
enacted by the Queen’s most Excellent Majesty, by and with the advice and 
consent of the Lords Spiritual and Temporal, and Commons, in this present 
Parliament assembled, and by the authority of the same, as follows.“ Die 
Königin tritt also hier als Trägerin der gesetzgebenden Gewalt auf und er- 
lässt das Gesetz mit Zustimmung des Parlaments, obgleich sie ihrerseits, wie 
oben ausgeführt wurde, ihre Zustimmung gar nicht verweigern darf und das 
Gesetz erlassen muss.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.