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ändern können. Dagegen sind diese Selbstbeschränkungen nur
soweit vorhanden, als die Verfassungsurkunden sie aussprechen.
Es bleibt dem Monarchen als Rest seiner einst absoluten Stellung
ein Rest freier Regierungsthätigkeit, für welche das Gesetz
nicht Quelle, sondern eine Schranke des staatlichen Handelns ist.
Daneben hat der Monarch allerdings auch die Gesetze zu voll-
ziehen. Es ergibt sich damit die Doppelgliederung der monar-
chischen Regierung in freie und in vollziehende, die erstere be-
wegt sich innerhalb der gesetzlichen Schranken, die letztere geht
zurück auf eine gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung.
Der Collectivsouverän als Personenmehrheit ist dagegen an
sich handlungsunfähig und insofern von dem physischen Souverän
wesentlich verschieden. Wie jede Corporation bedarf daher der
Staat mit Collectivsouveränetät, um überhaupt handeln zu kön-
nen, der verfassungsmässigen Organitation. Der Staat mit Collec-
tivsouveränetät ist folglich ohne Verfassung begrifflich nicht
denkbar, sein öffentliches Recht kann sich, da seine Souveränetät
niemals in einer einzigen physischen Person verkörpert ist, auch
nie in eine blosse Verwaltungsordnung auflösen. Die Verfassung
ist hier nicht Selbstbeschränkung des Souveräns ın der Ausübung
einzelner Souveränetätsrechte, sondern nothwendige Vorbedingung
für das Handeln der staatlichen Organe überhaupt. Eine freie
Regierungsthätigkeit kann es somit nicht geben, sondern jeder
Act eines verfassungsmässigen Organs muss sich auf einen ge-
setzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Rechtssatz, in letzter Linie
auf die Verfassung selbst zurückführen lassen. Als Endresultat
ergibt sich, dass die Regierung keine freie, sondern lediglich
eine vollziehende Thätigkeit zur Ausführung von Rechtsnormen
entwickelt.
Da das deutsche Reich als ein Gemeinwesen mit Oollectiv-
souveränetät der verbündeten Regierungen nur durch seine Ver-
fassung und mit derselben zur Existenz gelangt ist, so kann es