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neuer Schulen nur unter den fixirten — thatsächlich aber fast
niemals vorhandenen !?) — Voraussetzungen gegen den Willen der
Gemeinden erzwingen. Es ist aber zweifellos, dass durch das
Gesetz eine Verschlechterung des Schulwesens nicht herbeigeführt
werden wollte.
Das freie Organisationsrecht der Regierung besteht mithin
— von dem Ausnahmsfalle des Art. 2 Abs. 4 abgesehen — un-
beschränkt fort 2%. Gegen den von Kreisregierungen geübten
Zwang zur Errichtung einer Schule (abgesehen von dem Aus-
nahmsfalle) kann die Gemeinde Verwaltungs-Beschwerde an das
Cultusministerium ergreifen. Wird aber die Errichtung einer
Schule ausschliesslich auf diese Ausnahme-Bestimmung gestützt,
so kann die betreffende Gemeinde die Verfügung — sonderbarer
Weise — im Verwaltungsrechtswege anfechten.
Erwähnenswerth ist die seltsamer Weise im Schulbedarfsge-
setze enthaltene Bestimmung, dass Klosterschulen, d.h. von sog.
Schulbrüdern oder Schulschwestern geleitete Schulen, in einer Ge-
meinde ohne Zustimmung der Gesammtgemeinde bezw. aller an
einem combinirten Schulsprengel betheiligten Gemeinden nicht ein-
geführt (wohl aber belassen und beseitigt) werden können?!). Die
(semeinden haben kein Recht auf Einführung von Klosterschulen.
Von diesem Organisationsrechte hat die Staatsregierung (re-
brauch gemacht, indem sie in der (jetzt aufgehobenen) Verord-
19) Minister von Lutz Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten.
1875/76. Sten. Ber. Bd. I S. 237.
20) A. A. Blätt. f. ad. Pr. Bd. XXV. 8.200. ScHUMAnn in d. Zeitschrift
f. Kirchenrecht von Dove, Bd. VI. S.432; übereinstimmend Entsch. d. Verw.-
G.-H. Samml. Bd. I S. 50. Kraıs, Commentar zum Gesetze, den Verw.-G.-H.
betr., S. 139, Nachtrag S. 394.
21) Die Absicht des Antragstellers (Verh. d. Kamm. d. Abg. Sten. Ber.
1859'61 Bd. IV S. 3 u. 5) und der Mehrheit der Abgeordneten war zweifellos,
dass auch dem Verlangen der Gemeinden nach Beseitigung eingeführter Kloster-
schulen stattgegeben werden müsse; allein ein Recht auf Beseitigung giebt
das Gesetz nicht. Bl. für adm. Praxis Bd. 16 S. 73 übereinstimmend SEYDEL
a. a. O. Bd. VI S. 425.
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