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Die mitgetheilten Kammerverhandlungen lassen zunächst nur
entnehmen, dass von verschiedenen Seiten die Verwirklichung
einzelner verschiedenartiger Wünsche angestrebt wurde, welche
nicht durch ein Schuldotations-Gesetz, sondern nur durch ein
weitgehendes Unterrichtsgesetz herbeigeführt werden konnte.
Die von den einzelnen Rednern geäusserte Meinung, man
wisse nun, wem die Schule gehöre, ist ebenso irrig, als
die Annahme, die Auslegung des Princips müsse eine Schranke
in den Verwahrungen des Referenten der Reichsrathskammer
finden. Das Gesetz hat seinem Zwecke entsprechend nur be-
stimmt, dass die Schulen in finanziell-rechtlicher Beziehung An-
stalten der politischen Gemeinden, deren Lasten für dieselben
fixirt wurden, seien. Daraus kann zunächst nichts weiter abge-
leitet werden, als dass — soweit nicht privatrechtliche Verpflich-
tungen oder Stiftungen etc. bestehen — Träger der Unterhal-
tungspflicht die bezeichneten politischen, nicht aber kirchliche
oder Distriets- oder Kreis-Verbände — auch nicht der Staat
— seien.
Abgesehen davon, dass die Verwahrungen des Reichsraths-
Referenten schon deshalb keinen Auslegungswerth beanspruchen
können, weil dieselben mit der Auffassung der Abgeordneten-
kammer in Widerspruch stehen und weil seine Annahme, die
Erklärung des Cultusministers habe seine und des Bischofs von
Dinkel Bedenken wirklich beseitigt, im Wortlaute dieser Aeusse-
rung keineswegs einen Rückhalt?®) findet, so ist die Theorie,
die Schule gehöre der Gemeinde vor Allem dem Umstande
gegenüber nicht haltbar, dass keine der für das Volksschulwesen
29) Der Minister hat, wie erwähnt, betont, dass der kritische Grundsatz
nur finanzrechtliche, den bisherigen Zustand bestätigende Bedeutung habe, dass
das Gesetz mit dem confessionellen Charakter der Schulen nichts zu thun
habe — über die Behauptung, aus dem Princip folge, die Schule sei keine
Staatsanstalt und über andere weitgehende Fragen hat der Minister lediglich
geschwiegen, bezw. sich nicht ganz richtig ausgesprochen; vergl. auch SEYDEL
a. a. O. VI. Bd. S. 371.