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rechte, nicht im Erbrechte — denn es wäre unerklärlich, wie
diesen Rechten die Kraft zukommen sollte, die Eigenschaft einer
Sache als beweglich oder unbeweglich zu bestimmen — der Grund
zur Anwendung von Rechtssätzen, unter deren localer Herrschaft
die Sachen zur Zeit nicht stehen, liegt vielmehr in der neutralisiren-
den, nicht tilgenden Wirkung des dann in Frage kommenden Spezial-
gesetzes auf die lex situs. Wählen wir folgende erläuternde Beispiele:
Nach Art. 275 des deutschen Handelsgesetzbuches sınd Verträge
über unbewegliche Sachen keine Handelsgeschäfte. Nach französi-
schem Rechte ist der Usus fructus an Immobilien gleichfalls
immeuble. Wenn nun ein im Gebiete des gemeinen römischen
Rechts domicilirender Kaufmann in Deutschland einen Vertrag
über einen solchen Niessbrauch abschliesst, so hat gleichwohl be-
züglich der Frage, welcher Natur dieses Niessbrauchsrecht sei,
ob beweglich oder unbeweglich, das gemeine römische und nicht
das französische Recht in Anwendung zu kommen. Das gleiche
wäre der Fall, würde es sich um die rechtliche Natur, ob be-
weglich oder unbeweglich, in Ansehung des Bergwerkeigentums
im Gebiete des preussischen Landrechts handeln, ebenso bezüg-
lich der Eigenschaft eines Schiffes in solchen Fällen. Nach eng-
lischem Rechte?) erbt der älteste Sohn unter Ausschluss der
Jüngeren die Immobilien. Es ist klar, dass der Umfang des Be-
griffs „Immobilien“ in diesem Falle diejenige Bedeutung haben
muss, welche ihm das englische Recht zuschreibt.
Würde ferner umgekehrt ein unter dem preussischen Land-
rechte lebender Kaufmann eine dingliche Grunddienstbarkeit er-
werben, die eine im Gebiete des gemeinen römischen Rechts be-
legene Sache belastet, so würde den beweglichen oder unbeweg-
lichen Character jener Dienstbarkeit bezüglich der Frage, ob
Handelsgeschäft vorliege, das preussische Recht entscheiden und
damit die lex domicilii zur Anwendung bringen.
2) vgl. Lear a a. O0. S. 692 u. 704.
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