Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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werfung eines Gesetzesvorschlages befragen zu lassen, vorerst 
keine Verwirklichung finden werden, so verlohnt es sich gleichwohl, 
der grundsätzlichen Bedeutung wegen, der geplanten Einführung 
des Königsreferendums in dem so lange Zeit als constitutioneller 
Musterstaat betrachteten Lande einige Aufmerksamkeit zu widmen. 
Die von allen Seiten seit Jahren für nothwendig erachtete 
Abänderung der belgischen Gesetzgebung über das Wahlrecht 
veranlasste die Regierung, einen Entwurf zur Abänderung der 
Verfassung vorzulegen, welcher sich auf eine grössere Anzahl von 
Bestimmungen der Verfassung bezog. Eine der wichtigsten Aender- 
ungen bezog sich auf die von der gesetzgebenden Gewalt han- 
delnden Artikel 26 und 69; inhaltlich derselben wird die gesetz- 
gebende Gewalt in Belgien gemeinschaftlich durch den König und 
die beiden Kammern ausgeübt: der König sanctionirt die Ge- 
setze und er verkündet dieselben. Der König hat hiernach ein 
absolutes Vetorecht gegenüber den von den beiden Kammern an- 
genommenen Gesetzentwürfen und in Verbindung mit dem Rechte 
die Kammern aufzulösen, stellt dieses Veto die Krone als einen 
wesentlichen Factor der gesetzgebenden Gewalt dar. Zur Auf- 
lösung der Kammern, oder auch nur einer derselben, bedarf es 
des Erlasses eines von dem Ministerium gegengezeichneten Decretes 
und wenn auch theoretisch der König der Mitwirkung des Mi- 
nisterums nicht bedarf, um das Veto einem (resetze entgegen- 
zusetzen, so ist thatsächlich dieselbe doch erforderlich; ausser- 
dem gilt das Vetorecht überhaupt nur als ein theoretisches Recht, 
die Verfassungsgeschichte weist nur vereinzelte Fälle für seine 
Ausübung in monarchischen Staaten auf und in Belgien scheint 
bislang überhaupt noch kein Fall vorgekommen zu seın, in welchem 
der König sich veranlasst gesehen hätte, dasselbe thatsächlich 
anzuwenden. Bei einer Uneinigkeit und Meinungsverschiedenheit 
zwischen der Krone und den Kammern bleibt hiernach der ersteren 
in Wirklichkeit zur Lösung des Conflictes nur die Auflösung dieser 
als Mittel übrig, zu der man sich in Belgien wie auch ander-
	        
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