— 564 —
ferendum und Initiative werden als die wesentlichen Bestandtheile
dieser bezeichnet und der Verfasser des Berichtes erinnert zur Be-
stätigung seiner Ansicht an den Ausspruch Rousszeaus im Contrat
social: ‚La souverainete ne peut etre representee par la möme
raison qu’elle ne peut etre alienee, les deputes du peuple ne peu-
vent &tre que ses commissaires; toute loi que le peuple n’a pas rati-
fiee est nulle.“ Die Einführung des Referendum im eigentlichen
Sinne wurde in dem Berichte für unverträglich mit dem Wesen
und der Thätigkeit des repräsentativen Systems erklärt. Nach den
Mittheilungen des Berichtes wurde seitens der Regierung die Er-
klärung abgegeben, dass man nicht die Befugniss begehre, die
Wählerschaft über ein Gesetz zu befragen, bevor die Kammern
damit befasst seien, consultation sur une loi a faire. Der Senat
stellte sich auf denselben Standpunkt wie die Deputirtenkammer;
er behielt der neu zu wählenden Kammer die volle Freiheit vor,
sich zu Gunsten des Princips des Königsreferendums oder gegen
dasselbe zu entscheiden. Die Berathungen der beiden Kammern
hatten somit nur das Ergebniss, dass man sich grundsätzlich für
die Revision des von der Gesetzgebung handelnden Artikels der
Verfassung aussprach, hingegen die Frage völlig unentschieden
liess, ob es angemessen sei, das Königsreferendum in der von
der Regierung vorgeschlagenen Form in die Verfassungsurkunde
aufzunehmen.
Die Stellung der Parteien zu der Frage war getheilt; unter
den vornehmsten Gegnern befand sich nicht nur der Führer
der Rechten, WoestE, sondern auch Gravx, ein früherer libe-
raler Minister, während zu den wärmsten Befürwortern JAanson,
der Führer der Liberalen, zäblte, aber auch unter den Mit-
gliedern der Rechten waren entschiedene Anhänger des Referen-
dum, so vor Allem der Baron Nornuoms. In den Erörterungen,
welche die politische Presse der Verfassungsreform widmete, wurde
auf die Einführung desKönigsreferendumsbeiWeitemnicht derWerth
gelegt, wie auf die Reform des Wahlrechtes; ebenso beschäftigten