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Im Weiteren interessirt uns nur vor allem die Beantwortung
zweier Fragen:
I. Hat die Polizei durch das Gesetz gewonnen? und
II. Ist denn nun wirklich eine ausgleichende Ge-
rechtigkeit hergestellt?
Beide Fragen sind, die erste zum Theil, die zweite gänzlich,
zu verneinen, es mag sich aber daran
III. eine Erörterung darüber anknüpfen, was zur Erreich-
ung der gesteckten Ziele möglich und zu fordern
wäre.
I. Die Frage, ob die Polizei durch das Gesetz ge-
wonnen habe, anlangend, hatte man ja seitens der Polizei-
behörden mancherlei Hoffnungen an das Gesetz
1. bezüglich der Scheidung zwischen Polizei und
Verwaltung und
2. bezüglich der Schaffung eines einheitlichen Geistes
und einer kräftigeren Handhabung der Polizei
knüpfen dürfen; erstere sind aber gar nicht, letztere nur zum
schwachen Theil in Erfüllung gegangen.
1. Hinsichtlich der Scheidung zwischen Polizei und
Verwaltung ist es zwar mit grosser Freude zu begrüssen,
dass der Minister des Innern im Abgeordnetenhaus am 6. Februar
1892 (Verhandl. S. 334) den alten Begriff der Wohlfahrtspolizei
verworfen und an dessen Stelle den jetzt von der Wissenschaft
anerkannten der Verwaltungspolizei gesetzt und dass auch der
Abgeordnete ZELLE an Stelle des Wortes Wohlfahrtspolizei die
Bezeichnung Wohlfahrtspflege vorgeschlagen hat. Es hat dies
aber nichts genützt. Denn trotzdem wurde in den Verhand-
lungen des Landtages unaufhörlich von Wohlfahrtspolizei geredet,
und selbst der $ 6 des verkündeten Gesetzes spricht von der
Wohlfahrtspolizei. Und was wurde alles im Laufe der Verhand-
lungen als zur polizeilichen Thätigkeit gehörig gerechnet! Die
Begründung zu $ 2 des Gesetzentwurfes von 1888 (Drucksache 60
8.12) erklärt es für nicht unzweifelhaft, ob hierzu nicht Strassen-