Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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vorzugehen scheint. Es haben sich wenigstens in dieser Richtung 
die Ansichten sehr geändert. 
Es gab eine Zeit, wo es zu den Glaubensartikeln eines für 
Decentralisation und städtische Freiheit eingenommenen Mannes 
gehörte, die Uebertragung der gesammten Polizei auf die Städte 
zu verlangen. Damals sagte der jetzige Finanzminister Dr. MiguEL 
im hannover’schen Landtag: 
„Das Heraussreissen eines Theiles der obrigkeitlichen Thätig- 
keit ist eine Massregel, aus der nichts Gutes entspringen kann. 
Die königlichen Polizeidirectionen können nur eine reprimitive 
Thätigkeit ausüben; sie können nur bereits stattgehabte Reaktionen 
des verbrecherischen Willens strafen. Die Polizei genügt aber 
jetzt nicht mehr dadurch, dass sie bloss begangene Frevel ahndet, 
sie muss vorbeugen, sie muss primitiv thätig sein, dadurch, dass 
sie die Zustände wegschafft, welche zur Auflehnung des Einzel- 
willens gegen die allgemeine Rechtsordnung führen. Das kann 
die königliche Polizei nicht, sie ist zu der verwaltenden Polizei- 
thätigkeit nicht im Stande: Eine königliche Polizeidirection wird 
das zur Ausführung mancher nothwendigen, mancher erspriess- 
lichen Vorrichtungen nöthige Vertrauen bei der Bürgerschaft 
nicht gewinnen können, die städtischen Magistrate werden von 
den Bürgern gewählt, sie werden von denselben als ihr Magistrat, 
als ihre Behörde angesehen. Sie haben neben sich die Bürger- 
vorsteher und geniessen aus natürlichen Gründen das Zutrauen 
der Bürger. Die königliche Polizeidirection steht als eine fremde 
Behörde der Bürgerschaft gegenüber. In nicht so gar seltenen 
Fällen kommt sie aus Eifersucht und Misshelligkeiten in einen 
gewissen Gegensatz, ja in Zwiespalt mit dem Magistrat, und so 
scheitern denn daran oft ihre nützlichen und auf das Wohl der 
Stadt abzielenden Bestrebungen. Es kommt hinzu, dass noth- 
wendige Differenzen bezüglich der Kompetenzverhältnisse zwischen 
dem Magistrat und der Polizeidirection statthaben, die sich auch 
nicht durch die in’s Einzelnste gehende Kompetenzregulirung be- 
seitigen lassen. Noch ein grösseres Uebel ist, dass die könig- 
lichen Polizeibehörden die statutarische Gesetzgebung oft in's 
Stocken bringen. Sehr viele Statuten würden die Städte be-
	        
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