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„Ich bin der festen Ansicht, dass die Stimmung in Bezug
auf die städtische Polizeiverwaltung sich vollständig geändert hat,
und die Probe auf das Exempel kann gemacht werden, wenn ein-
zelnen der kleineren Städte, wie das ın Aussicht genommen ist,
einmal die staatliche Polizeiverwaltung weggenommen wird. Ich
bin gewiss, dass wir dann mit Petitionen angegangen werden,
doch die staatliche Polizeiverwaltung dort zu belassen. Jedenfalls
aber haben sich die Städte jetzt nicht gerührt, obgleich zugesagt
war, dass man in Erwägung nehmen werde, ihnen die staatliche
Polizeiverwaltung zu nehmen. Sie haben sich nicht gerührt und
etwa Petitionen hierher geschickt und ersucht, dass das Versprechen
nunmehr auch erfüllt werde.‘
In ähnlicher Weise spricht sich ein Correspondent der
„Deutschen Gemeindezeitung‘ vom 23. Januar 1892 No. 4 S. 21
aus, indem er gleichzeitig erklärt, dass verschiedene Städte sich
geweigert hätten, auf die ihnen angesonnene Uebernahme auch
nur eines Theiles der Polizeiverwaltung einzugehen, eine That-
sache, die auch hier nur vollständig bestätigt werden kann. Die
Städte haben eingesehen, dass die Opfer, die man ihnen zumuthet,
zu grosse sind, um die etwaigen Vorzüge eigener Polizeiverwaltung
auszugleichen.
Nimmt man nun noch die Arbeitslast, welche heutzutage der
Polizei zur Entlastung der Justiz durch Vernehmungen, Ermittel-
ungen und Feststellungen von Thatsachen, Verhaftungen, Vor-
führungen und Transporte von Angeklagten oder Verurteilten auf-
gelegt wird, und die dadurch verursachten sehr erheblichen Kosten
hinzu, so wird man noch viel deutlicher einsehen, wie ungerecht
die Vertheilung der Polizeikosten auch nach der Einführung unseres
Gesetzes ist.
Soll von einer ausgleichenden Gerechtigkeit die Rede sein,
dann muss der Staat den Städten mit eigener Polizeiverwaltung
eine angemessene Entschädigung geben, wie er selbst sie jetzt
von den Städten mit königlicher Polizeiverwaltung erhält und wie
sie, wie gezeigt, bereits 1850 angeregt worden ist. So gut die
staatliche Polizei städtische Geschäfte besorgt, so gut besorgt die
städtische Polizei staatliche Geschäfte.