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keit für die Frage der öffentlichrechtlichen Ehefähigkeit zu ver-
neinen.
Als Grund, warum sich das Domizilprinzip in den Bereich
des öffentlichen Rechtes nicht übertragen lasse, pflegt gewöhnlich
der angegeben zu werden, dass das öffentliche Recht seiner Natur
nach in der Regel nur zwingende Rechtssätze kenne !°). Derselbe
Grund läge aber für die sog. impedimenta dirimentia publica vor,
für die privatrechtlichen Ehehindernisse, welche auch von Amts-
wegen geltend gemacht werden können, (C.-Pr.-O. 8 588 u.
592) — v. Bar nennt sie in seinem Lehrbuche des internatio-
nalen Privat- und Strafrechtes S. 70 geradezu „Ehehindernisse,
die dem öffentlichen Rechte angehören“, — und doch werden die-
selben, wo für die privatrechtliche Handlungsfähigkeit positiv-
rechtlich das Domizilsprinzip gilt, als dem Privatrecht angehörig
nach Wohnsitzrecht behandelt. Es liegt kein innerer Grund vor,
der es rechtfertigte, auf das polizeiliche Ehehindernis des obrig-
keitlichen Verehelichungszeugnisses andere Grundsätze anzuwenden,
als z. B. auf das impedimentum ligaminis.
So wird durch die Zugehörigkeit unseres Ehehindernisses
zum öffentlichen Rechtsgebiete die Möglichkeit verschiedener
rechtlicher Beurteilung der in Frage stehenden Ehe in und
ausserhalb Bayerns nicht aus der Welt geschafft. Insbesondere
scheint darnach ein solcher Gegensatz auch im Verhältnis
Bayerns zu den anderen deutschen Bundesstaaten möglich, soweit
in letzteren in Fragen der internationalen Handlungsfähigkeit
das System des Wohnsitzrechtes gilt, wie dies für die Gebiete
des gemeinen Rechts und des allgemeinen preussischen Landrechts
der Fall ist. Denn in allen diesen Staaten herrscht das Prinzip po-
lizeilicher Verehelichungsfreiheit, in den Reichslanden nach franzö-
sischen, in Helgoland nach englischen Gesetze, im übrigen Reichs-
!%) So auch die in der vorigen Note angeführte Entscheidung; ferner
VoGEL, bayerisches Staatsrecht 1885 S. 111, N. 2.