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er von vornherein den Beitritt zu einer bestimmten Partei erklärt hätte.
Solche in weiteren Kreisen nicht bekannte homines novi würden beim Listen-
scrutinium äusserst schwer durchzubringen sein, gegenüber den von einer be-
stimmten Partei in den gedruckten Listen aufgestellten officiellen Candidaten.
Berlin. A. Quitzke.
Hausmann, Dr. August, Die BeleidigunggesetzgebenderVersamm-
lungenundpolitischer Körperschaften. München (Rieger’sche
Universitäts-Buchhandlung) 1892.
Verfasser führt nach einer kurzen Einleitung die Gründe an, welche
den Gesetzgeber bewogen haben mochten, in$ 197 R.-St.-G.-B. Beleidigungen
gesetzgebender Versammlungen des Reichs oder eines Bundesstaates oder
einer politischen Körperschaft anders za behandeln, als die übrigen Beleidigungs-
fälle. Er fasst nämlich derartige Beleidigungen als ein Delict gegen die öffent-
liche Ordnung auf, weil sie nicht gegen blosse Privatpersonen gerichtet sind,
sondern gegen Organe des Reichs oder der Einzelstaaten. Dabei betont er
namentlich den Unterschied zwischen Beleidigung der betreffenden Versamm-
lungen und Körperschaften selbst und der Beleidigung einzelner, mehrerer
oder auch aller Mitglieder derselben. Im Weitern wird ausgeführt, dass aus-
schliesslich Zweckmässigkeitsgründe, Erwägungen politischer Natur die Ge-
setzgebung bewogen haben können, derartige Beleidigungen nur, nachdem die
beleidigte Körperschaft oder Versammlung hiezu ihre Zustimmung gegeben,
für strafrechtlich verfolgbar zu erklären. Es komme nämlich in erster Linie
auf ihre Meinung an, ob es ihrer Würde und Autorität überhaupt entspreche,
auf die Beleidigung zu reagiren. Daher sei ihre Zustimmung zur strafrecht-
lichen Verfolgung des Beleidigers eine ebenso absolut nothwendige Voraus-
setzung, wie im Falle des Art. 31 derR.-V., wenn es sich um die strafrecht-
liche Verfolgung eines Abgeordneten handelt. Im zweiten Abschnitt (S. 13— 37)
wird der juristische Begriff der Ermächtigung einer eingehenden HKrörterung
unterzogen. Ermächtigung und Antrag sind danach als Ausnahmen vom all-
gemein geltenden Princip, dem Officialprincip anzusehen, wobei jedoch in der
Ermächtigung die minder weit gehende Ausnahme zu erblicken ist. Bei An-
tragsdelicten nämlich, führt der Verfasser aus, komme es nicht nur einzig
und allein darauf an, ob der Beleidigte das Delict überhaupt verfolgen wolle,
sondern es bleibe ihm auch während des Processes jederzeit die freie Dispo-
sition betreffis Fortsetzung oder Einstellung des Verfahrens gewahrt. Bei Er-
mächtigungsdelicten hingegen leite der Staatsanwalt die Verfolgung ein, um
sie dann, ganz wie bei Officialdelicten selbstständig durchzuführen. Nur
könne er die Anklage ohne Ermächtigung, Bewilligung, Genehmigung der be-
leidigten Versammlung oder Körperschaft nicht erheben, wogegen wieder
andererseits das Recht dieser letzteren unter allen Umständen darauf be-
schränkt sei, durch ihren Widerspruch die Erhebung der Anklage zu hindern.
Namentlich komme ihr niemals das Recht der selbstständigen Strafverfolgung