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zu. Daraus nun zieht der Verfasser folgenden Schluss: Das Recht der
gesetzgebenden Versammlungen und politischen Körper-
schaften ist seinerNatur nach ein rein negatives; wider oder
ohne ihren Willen darf die Anklage nicht erhoben werden.
Im Weiteren nun geht er auf die processuale Bedeutung der „Er-
mächtigung“ näher ein, und charakterisirt sie als das den Ermächtigungs-
delicten specifische Moment, welches zu den übrigen, auch bei Officialdelicten
jederzeit vorhandenen und das Fundament der Klage bildenden Momenten
hinzutrete. So sei der Antrag des Staatsanwaltes auf Ertheilung der Er-
mächtigung ein Glied in der Kette der von ihm eingeleiteten verfolgenden
Schritte überhaupt, und zwar regelmässig eines der letzten, da es sich dem
Wesen der Sache nach doch nur darum handelt, ob eine Handlung, deren
Charakter als strafbares Delict objectiv feststeht, oder wenigstens wahr-
scheinlich ist, auch thatsächlich verfolgt werden soll. Daher gehöre der
Nachweis der Ermächtigung zur Sachlegitimation des Staatsanwaltes. Fehlt
nun derselbe, müsse das schon begonnene Verfahren durch Urtheil eingestellt
werden.
Im dritten Abschnitt endlich (S. 37—42) wird der Begriff der gesetz-
gebenden Versammlungen und politischen Körperschaften erörtert; es werden
letztere dahin definirt, dass sie, ohne selbstständige Organe der Staatsver-
waltung zu sein, an der Bildung des Staatswillens Theil haben und nament-
lich als Vertreter des Volks für Staatszwecke thätig sind.
Verfasser ist mit gutem Erfolge bestrebt, durch sorgfältige Auswahl und
Verwerthung des Quellenmaterials und zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen
den vertretenen Anschauungen eine feste Grundlage zu geben.
Wien. Dr. H. Blodig jun.
Oetker, Criminelle und civileHaftung Dritternachhessischen
Rechtsquellen. Aus „Juristische Festgaben für Rudolf von
Ihering. Zum 50jährigen Doctorjubiläum ihres früheren Mitgliedes
gewidmet von der Rostocker Juristenfacultät. Stuttgart. Enke 1892.
Dass kein Uebel ohne Schuld verhängt wird und insbesondere nicht statt
oder neben dem Schuldigen Andere ohne eigene Schuld ein Uebel erleiden,
ist eine Forderung der Gerechtigkeit. Während im Strafrechte, wohl auch
im Völkerrechte, z. B. in Beziehung auf Repressalien, Contributionen und
sonstige Kriegsstrafen diese Forderung immer mehr verwirklicht worden ist,
scheint das Privatrecht insofern dazu in einem Gegensatze zu stehen, als die
neuere Üesetzgebung über die Haftpflicht die Verbindlichkeit zum Schadens-
ersatze ohne Darlegung einer Schuld auferlegt. Doch besteht dieser Gegen-
satz in der That nicht, weil diese civilrechtliche Haftung eben nicht eine
delictmässige für fremdes Verschulden ıst, sondern aus dem Gesichtspunkte
hervorgeht, dass für die Gefährdung durch den Betrieb derjenige aufkommen
muss, welcher die Vortheile desselben geniesst. Wie sehr aber diese Fragen