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wie zu dem Rechte eines deutschen Bundesstaates, möge letzteres
Landes- oder Reichsrecht sein. Denn das bayerische Recht,
welches hier in Betracht komme, sei zwar in seinem Bestande
gegenüber dem Reichsrechte durch Sonderrecht geschützt, aber
es seı nicht selbst Reichsrecht, sondern für alle anderen deutschen
Staaten fremdes Recht. Und ebenso sei das Landesrecht der
übrigen Bundesstaaten und das für die Bundesstaaten ausser
Bayern geltende Reichsrecht für Bayern fremdes Recht.
Wir sehen, SeynpeL zieht eine Berücksichtigung der Gothaer
Uebereinkunft gar nicht in Frage. Indem er dies nicht thut, ge-
langt er vollkommen zutreffend zu dem Resultate, zu welchem
auch wir mangels der Bestinnmung des $ 3 Abs. 3 des Gothaer
Vertrages vom Domizilisystem aus gekommen wären. In Folge
des Vorhandenseins jener Rechtsnorm ist unser Ergebnis ein
anderes: Es besteht kein Widerstreit des für die Beurteilung
fraglicher Ehen massgebenden objektiven Rechtes im Verhält-
nisse Bayerns zu den übrigen Bundesstaaten und zum Reiche
und im Verhältnisse dieser Staaten unter einander.
Ein andere Frage ist — und sie soll nuu erörtert werden
—, ob ein Streben der fremden Regierungen, von der Beachtung
jener bayerischen Ehebeschränkungen befreit zu werden, sich nicht
verwaltungspolitisch rechtfertigen liesse. Machte es der Zweck,
welchem jenes polizeiliche Ehehindernis dienen sollte, wirklich
erforderlich, die Rechtswirkungen des Mangels jenes Zeugnisses
soweit zu ziehen, dass auch die internationale und interterri-
toriale Verhältnisse berührende Eigenschaft der Staatsangehörig-
keit dadurch berührt wurde?
Der Hauptgrund, weswegen die Ausübung des subjektiven
Verehelichungsrechtes von der Erteilung solcher Verehelichungs-
bewilligung abhängig gemacht wurde, ist die Rücksicht auf die
zur eventuellen Unterstützung der zu gründenden Familie ver-
pflichteten öffentlichen Rechtssubjekte, insbesondere auf die Heimat-
gemeinde.