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seinen Wohnsitz im rechtlichen Sinne in Bayern gehabt habe,
stützte die preussische Regierung ihr ablehnendes Verhalten auf
die Begründung, die von Emilie Volkmar in Suhl, wenn auch
ohne das nach Art. 33 des bayerischen Heimatgesetzes vorge-
schriebene Zeugnis, abgeschlossene Ehe sei mit Rücksicht auf die
am Orte der Eheschliessung geltende Gesetzgebung vollkommen
rechtsgiltig und die Bestimmung in Ziffer I des Schlussprotokolls
zum Bündnisvertrage vom 23. November 1870, welche dahin
geht, dass die Bundeslegislative nicht zuständig ist, das (polizei-
liche) Verehelichungswesen mit verbindlicher Kraft für Bayern zu
regeln, verfolge ohne Zweifel nur den Zweck, die bayerische Ge-
setzgebung innerhalb ihres bisherigen Geltungsgebietes gegen Be-
einflussung durch die Reichsgesetzgebung sicher zu stellen, nicht
aber ihr darüber hinaus in den übrigen Bundesstaaten Geltung
zu verschaffen.
Die bayerischen Verwaltungsgerichte begründeten ihre gegen-
teilige Anschauung in verschiedener Weise, die Polizeidirektion
zu München durch unmittelbare Berufung auf $ 3 Abs. 3 mit $
1 lit. a des Staatsvertrages von Gotha vom 15. Juli 1851, welcher
in der That hier unmittelbar angewendet werden konnte, nachdem
es sich um Ausweisung und Uebernahme von Staatsangehörigen
der Vertragsstaaten handelte, der Verwaltungsgerichtshof in ein-
gehender Ausführung aus allgemeinen Grundsätzen, für welche
ihm die Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 der Gothaer Ueberein-
kunft nur einen Anwendungsfall, ein Beispiel bot.
Die öffentlichrechtliche oder polizeiliche Seite der Ehe-
schliessung erheische, um ihrem Zwecke zu genügen, die unbe-
dingte Geltung des heimatlichen Rechtes, nicht des Rechtes des
Wohnsitzes. Bestehe bereits auf privatrechtlichem Gebiete eine
Kontroverse darüber, ob über die rechtliche Stellung einer Person
der Wohnsitz oder die Staatsangehörigkeit entscheide, indem in
neuester Zeit die Meinung vertreten worden sei, dass, wo das
Recht unmittelbar aus einer die Personen erfassenden gesetz-