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Der Gesetzgeber wollte mit jenem Rechtssatze an die Ver-
letzung einer polizeilichen Vorschrift einen Rechtsnachteil knüpfen.
Dieser Rechtsnachteil soll der sein, dass die Ehe so lange als
nicht bestehend behandelt würde, bis der verletzten polizeilichen
Vorschrift genügt sei. Es sollten also bis dahin die Ehe-
teile und die aus der Ehe entsprossenen Kinder die bürgerlichen
und Öffentlichen Rechte und den bürgerlichen und öffentlichrecht-
lichen Status nicht geniessen, welche sie an sich aus dem Bestanıdle
der Ehe ableiten könnten.
Aber der Gesetzgeber wolle, indem er jenen Rechtsnachteil
verhänge, keineswegs den geschlossenen Ehevertrag als nichtig
erklären. Der Ehevertrag sei vielmehr vollgiltig, das eheliche
Band bestehe, die Vertragschliessenden seien Eheleute. Nur die
Itechtswirkungen der Ehe nach Aussen hin unterlägen emer
aufschiebenden Bedingung kraft Gesetzes.
Weiter zu gehen habe der Gesetzgeber keine Ursache gehabt.
lir wolle den Eheteilen die Niehtbefolgung eines staatlichen (e-
hotes fühlbar machen, er wolle den etwaigen gemeindlichen Ein-
spruchsrechten Schutz gewähren; aber es läge ihm ferne, die Eheleute
unter sich von eingegangenen Verpflichtungen zu befreien und
Ihnen die Ausnahmestellung zu gewähren, dass sie nach Belieben
und sogar einseitig das eheliche Band lösen könnten. Dies wäre
geradezu eine Unsittlichkeit der Gesetzgebung.
Nur, wenn man das Rechtsverhältnis dahin auffasse, dass auch
hei Mangel des Verehelichungszeugnisses die geschlossene Ehe,
das eheliche Band zwischen den Gatten, fortbestehe und lediglich
im Übrigen die Wirkungen der Eheschliessung gesetzlich gehemmt
seien, komme in die bezüglichen Rechtssätze Einklang und
Ordnung.
Der Mangel des Verehelichungszeugnisses mache nicht blos
len Ehevertrag zwischen den Gatten nicht nichtig, sondern er
begründe auch für sich allein keinen Anspruch auf Auflösung der
Ehe. Denn der Gesetzgeber könne, indem er jenes: Mangels halber
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