Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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gebot bei Trauungen u. s. w. eingehenden Gebühren. Von noch 
grösserer Wichtigkeit für die Dotirung der Anstalt war eine 
durch Verordnung vom 14. Februar 1742 für das ganze Land 
gestattete Neujahrscollecte, welche zur Vergrösserung des Capital- 
stocks verzinslich angelegt werden musste. Im Laufe der Jahre 
erwies sich die Lage und Einrichtung des Anwesens den ge- 
steigerten Anforderungen an eine geregelte Waisenfürsorge nicht 
mehr entsprechend, allein erst im Jahre 1748 begann unter Land- 
graf Ludwig VIIL, gefördert durch den Ertrag einer General- 
collecte und fürstliche Geschenke, der Bau eines neuen Waisen- 
hauses nach den von Sachverständigen gefertigten Entwürfen. 
Das Saalbuch gibt über den Kostenaufwand, die Einrichtung des Ge- 
bäudes und die damit verbundene kleine Oekonomie ein eingehendes 
Bild. Erfreulich ist die Thatsache, dass bei der Erziehung, nament- 
lich der Knaben, auch die Heranbildung zur Arbeitstüchtigkeit 
in’s Auge gefasst wurde. 
Bei der Vergrösserung des Landes entstand wiederholt die 
Streitfrage, ob zur Theilnahme an den Wohlthaten der Anstalt 
sämmtliche Landestheile oder nur die Unterthanen der alt-hessi- 
schen Landestheile berechtigt seien. Eine Stiftungsurkunde fand 
sich nicht auf, die Anstalt ging vielmehr aus freiwilliger Privat- 
wohlthätigkeit, wenn auch durch landesherrliche Privilegien viel- 
fach gefördert, hervor. Nach den im „Saalbuch‘“ niedergelegten 
Aufzeichnungen lässt sich als ursprünglicher Zweck der Waisen- 
anstalt bezeichnen: Die Erziehung und Erhaltung armer Waisen 
lutherischer Confession bis zu dem Zeitpunkte der Möglichkeit 
selbständigen Fortkommens. Aufnahmeberechtigt waren nur die 
Waisen der Landestheile, welche zur Gründung und Unterhaltung 
der Anstalt beitrugen, sonach, nach Anordnung der Neujahrs- 
collecte im ganzen Lande, die Angehörigen der gesammten Land- 
grafschaft Hessen-Darmstadt. Aus dem Zwecke der Anstalt ergab 
sich als Erforderniss zur Aufnahme: Gesundheit und körperliche 
Beschaffenheit zur Erlernung eines selbständigen Berufs (Hand- 
werks), eheliche Geburt (den Anschauungen der damaligen Zeit 
und den Zunftregeln entsprechend), zurückgelegtes 7. Lebensjahr 
(mit Rücksicht auf den wesentlichen Zweck der Aufnahme, die
	        
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