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Erziehung durch Unterricht). Diese Grundsätze wurden aber
keineswegs strenge befolgt, nach den älteren Receptionsacten
kamen vielfache Abweichungen vor. Schon das ‚‚Saalbuch “
spricht bald von ‚vater- und mutterlosen“, bald von „vater-
oder mutterlosen“ Waisen, auch räumt die erwähnte Verordnung
vom 23. November 1708 dem Waisenhaus Erbrechte ein an dem
Vermögen solcher Waisen, welche zur Zeit ihrer Aufnahme ‚‚nicht
ganz elternlos“ waren. Es wurden sonach auch Kinder aufge-
nommen, welche nach strengem Begriffe nicht als Waisen er-
scheinen. Es waren dies Kinder armer Wittwen, kranker Leute
und verlassene Kinder. Auch bezüglich des religiösen Bekennt-
nisses finden sich Ausnahmen. Die Verpflegung im Waisenhause
endigte in der Regel mit der Confirmation. Die Knaben wurden
alsdann in der Stadt bei tüchtigen Meistern zur Erlernung eines
Handwerks untergebracht; sie erhielten während der Lehrzeit
durch die Waisenanstalt Wäsche und Kleidung, beim Lossprechen
ein (reschenk. War die Unterbringung in eine angemessene Lehre
nicht möglich, so wurde der Waisenknabe neu ausgestattet in
seine Heimath entlassen und dort bei Handwerkern oder Bauers-
leuten untergebracht. In gleicher Weise mussten Waisenmädchen
ihr Fortkommen als Dienstboten bei anderen Leuten suchen.
Nach Bruchstücken aus Acten scheint man schon im Jahre
1807 erwogen zu haben, ob es nicht zweckmässig sei, die kost-
spielige Verwaltung des Waisenhauses und der Oekonomie aufzu-
heben und aus dem Verkaufserlöse des Anwesens und den Erträg-
nissen des Vermögens eine grössere Anzahl von Kindern in ihrer
Heimath bei Familien unterzubringen. Die Unmöglichkeit der
Aufnahme sämmtlicher hessischen Waisen in den Anstaltsräumen
veranlasste auf dem ersten hessischen Landtage von 1820/21
eine Interpellation an die Regierung wegen zeitgemässer Ver-
besserung der staatlichen Waisenfürsorge. Das Ergebniss einer
angeordneten eingehenden Untersuchung ging dahin: Die Ver-
waltungskosten erfordern einen unverhältnissmässigen Theil der
Einnahmen, sie würden bei Unterbringung in Familienpflege kaum
die Hälfte betragen. Die Seelenzahl des Grossherzogthums mache
eine Erweiterung des Waisenhauses oder die Gründung einer