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zum selbstgewählten Berufe nöthigen Kenntnissen auszurüsten.
Aufnahmeberechtigt sind ehelich geborene, von körperlichen und
geistigen Gebrechen freie, unbemittelte Waisen, sofern die Heimath-
gemeinde keine eigene Fonds oder Anstalten besitzt und privat-
rechtlich zur Erziehung verpflichtete Personen nicht vorhanden
oder unbemittelt sind. Die zum künftigen Erwerbe ihres Unter-
haltes voraussichtlich unfähigen Weaisenkinder (Verkrüppelung,
Blödsinn, Blindheit u. s. w.) fallen nach den Grundsätzen der
Armenpflege ihren Heimathgemeinden zur Last.
Die Aufnahme in die Fürsorge auf Kosten der Landeswaisen-
anstalt vermitteln die Bürgermeistereien (Vorlage der Todes-
scheine der Eltern, des Geburtsscheins des Waisen, Angabe der
Familienverhältnisse, kreisärztliches Attest über Gesundheitzustand
und erfolgte Impfung). Bei vorhandenem, zur Erziehung unzu-
reichendem Vermögen fliesst das reine Einkommen während (der
Dauer der öffentlichen Fürsorge in die Kasse der Anstalt. Bei
der Wahl der Pflegeltern ist auf die individuellen Bedürfnisse
des Waisen und die Eigenschaften der ersteren zu sehen. Familien
mit zahlreichen Angehörigen erscheinen nicht geeignet; die Ein-
nahme aus der Pflege soll keine Erwerbsquelle bilden. Wittwen
können Mädchen erziehen, ein Wittwer oder lediger Mann kommt
nicht in Betracht. Am besten eignen sich zu Pflegeltern kin-
dderlose Eheleute, nahe Verwandte, Pathen, Freunde und Be-
kannte der verstorbenen Eltern. Im Einvernehmen zwischen
dem Bürgermeister und Ortsgeistlichen erfolgt der Abschluss eines
Pflegvertrages nach vorgeschriebenem Formulare, welches die gegen-
seitigen Rechte und Pflichten enthält. Lange Zeit betrug das jähr-
liche Pfleggeld nur 36—50 Gulden, daneben übernahm die Landes-
waisenanstalt bei Krankheiten die Heilungskosten, beim Ableben
ohne Vermögen das Begräbniss. Von Zahlung des Schulgeldes
blieben die Waisenkinder, gleichwie die Kinder unvermögender
Eltern, befreit.
Mit Beginn der Familienpflege tritt die Thätigkeit der beauf-
sichtigenden Behörden und Beamten (Ortsgeistliche, Bürgermeister
und Sanitätsbeamten des Bezirkes) ein. Die ärztliche Controle
erfolgt so oft sich Gelegenheit bietet, regelmässig alljährlich bei