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Der Kreisarzt ist zur Behandlung zu berufen, sofern nicht bei weiter
Eintfernung des Letzteren oder Dringlichkeit des Falles ein näher wohnender
praktischer Arzt mit der Behandlung beauftragt werden muss; doch ist bei
schwerer oder längerer Erkrankung dem Kreisarzt Nachricht zu geben.
$ 19. Der Grossh. Bürgermeister hat mit darauf zu sehen, dass die
ärztlichen Anordnungen befolgt werden.
Die Besuche des nicht im Orte vorhandenen Arztes sind vorzumerken
und von dem Pfleger bemerken zu lassen, damit sie demnächst mit Bestimmt-
heit bescheinigt werden können.
Hinsichtlich der ärztlichen Behandlungskosten gelten die Bestimmungen
des $ 19 der Dienstinstruction für die Grossh. Kreisärzte und der Medicinal-
taxe vom 14. November 1865 über Arme (Regierungsblatt No. 57 S. 937).
Die Arzt- und Apothekerrechnungen sind doppelt, letztere unter Bei-
schluss der Recepte dem Kreisamt einzureichen; die Taxmässigkeit ist durch
das Kreisgesundheitsamt, die Richtigkeit der Anzahl der Besuche durch den
Bürgermeister zu bescheinigen.
$ 20. Stirbt ein Waisenkind, so hat der Grossh. Bürgermeister darauf zu
sehen, dass die Begräbnisskosten nicht die bei Armen üblichen Ansätze über-
steigen, und sich auf das unumgänglich Nothwendige zu beschränken. Der
Todestag ist dem Kreisamt anzuzeigen und zugleich zu berichten, ob das
Waisenkind Vermögen hinterlässt.
VIE. Von dem Austritt der Waisen aus der Anstalt.
$S 21. Ist die Zeit des Austritts des Waisen aus der Landes- Waisen-
Antsalt gekommen ($ 5), so hat sich bei Knaben der Bürgermeister mit dem
Geistlichen über die zweckmässige Unterbringung des Waisen zur Erlernung
eines Handwerks zeitig zu berathen, hierbei auf Neigung und Geschick des
Knaben Rücksicht zu nehmen und seine begründeten Vorschläge und Anträge
auf etwaige Unterstützung während der Dauer der Lehrzeit an das Kreisamt
gelangen zu lassen.
$ 22. Widmet sich das Waisenkind einem Handwerke, so soll der Bürger-
meister mit dem Vormund für die Unterbringung des Waisen bei einem tüch-
tigen Meister in- oder ausserhalb des Heimathsortes, jedoch nur bei dringenden
Gründen ausserhalb Hessens, sorgen. Mit dem Lehrmeister ist ein Lehrver-
trag nach dem vorgeschriebenen Formular (Anlage B) abzuschliessen.
$ 23. Dieser dreifach, bezw. — wenn die Unterstützung nicht an den
Lehrmeister, sondern an einen Dritten bezahlt wird ($ 24) — vierfach aus-
zufertigende Lehrvertrag enthält die Dauer der Lehrzeit (z.B. vom 1. Juli 1890
bis 30. Juni 1893), die Verpflichtung des Meisters, dem Lehrling angemessene
Kost an seinem Tische, ihm eine gesunde Lagerstätte zu geben, ihn nur zu
Arbeiten des zu erlernenden Handwerks zu verwenden. Der Lehrmeister
muss ausserdem versprechen, den sittlichen Wandel des Lehrlings zu über-
wachen, denselben zur Gottesfurcht und zum Besuch der Kirche anzuhalten.
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