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pflegung armer Waisen hetrefiend, vom 26. April 1843*) den vorgeschriebenen
Bericht erstattet hat, alsbald nach seiner Bestellung die Aufnahme des Kindes
in die Anstalt zu erwirken.
Zu dem Ende hat das Vormundschaftsgericht den Vormund bei seiner
Verpflichtung auf diese Obliegenheit aufmerksam zu machen und ihn über die
geeigneten Schritte zu belehren. Die Erfüllung dieser Vorschrift ist in dem
Verpflichtungsprotocolle zu beurkunden.
8 2. Sobald die Aufnahme in die Anstalt erfolgt ist, hat die Gross-
herzogliehe Provinzial-Direction Starkenburg dem einschlägigen Vormund-
schaftsgericht Kenntniss von der Aufnahme, dem Beginne derselben, sowie
von dem Zeitpunkte zu geben, bis zu welchem das Kind die Fürsorge der
Anstalt voraussichtlich geniessen werde.
$ 3. Der Vormund ist verpflichtet, die sich von dem Tage der Auf-
nahme ergebenden reinen Einkünfte (Intraden) des Vermögens des Weaisen-
kindes nach Massgabe der bestehenden, nachfolgend näher erläuterten Vor-
schriften an die Landes-Waisenkasse abzuliefern. Von diesen Vorschriften
hat das Vormundschaftsgericht dem Vormund durch Mittheilung der gegen-
wärtigen Instruction Kenntniss zu geben.
$ 4. Steht das aufgenommene Waisenkind zur Zeit der Aufnahme noch
in ungetheilter Erbschaft mit anderen Erben, so ist das Verlassenschafts-
gericht, bezw, in Rheinhessen der mit der Auseinandersetzung befasste Notar
verpflichtet, die Theilung thunlichst zu beschleunigen. Hierbei ist darauf Be-
dacht zu nehmen, dass die Masse durch Zahlung der Masseschulden, soweit
nach Lage der Sache irgend angängig, bereinigt und bezw. dem in die An-
stalt aufgenommenen Erben wo möglich schuldenfreie Vermögenstheile über-
wiesen werden.
$ 5. Haben sich zwischen dem Tage der Aufnahme in die Anstalt und
dem Theilungstag der Masse nach Abzug der Steuern, der von Schulden zu
bezahlenden Zinsen und der nothwendigen Verwaltungskosten, wozu auch
die Kosten der Auseinandersetzung zu rechnen sınd, Reinerträgnisse der
Masse ergeben, so sind dieselben bei der Theilung festzustellen und die auf
das Erbtheil des Waisen fallende Quote in dessen Theilzettel zu berechnen.
Ist eine solche Feststellung und Berechnung aus Versehen unterblieben,
so ist dieselbe, unbeschadet der Giltigkeit der stattgehabten Theilung nach-
träglich — eintretenden Falls mindestens durch approximativen Ansatz —
vorzunehmen und dem Theilzettel einzuverleiben.
Derartig festgestellte Erträgnisse des Vermögens des Waisen sind vom
Vormund, sobald ihm jenes Vermögen überwiesen ist und ihm parate Mittel
zu Gebot stehen, an die Waisenhause abzuführen.
*, Jetzt Instruction vom 18, April 1890.