Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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rein persönlichen Verband zu Zwecken des Heerwesens und der Rechtspflege 
erklärt. Königthum und Fürstenthum sind nach B. mehr dem Umfang als 
dem Inhalt nach verschiedene Gewalten: Der König (rex, communis magis- 
tratus im Sinne CAESARSs, vgl. de bell. Gall. VI, 23) ist der Heerführer der 
gesammten Völkerschaft im Kriege, der Fürst (princeps) für die Gauleute, 
beide bekleiden sodann auch die Stellung eines Oberrichters und Oberprie- 
sters, dieser im Gau, jener in der Landesgemeinde. So erscheint der germa- 
nische rex als princeps civitatis, der germanische princeps als Gaukönig. 
Königthum und Fürstenthum sind erblich, aber Volkswahl nicht ausge- 
schlossen, d. h. das Thronfolgerecht (nur der Kürze halber sei diese Be- 
zeichnung auf die damalige Nachfolge in das königliche Herrschaftsrecht ge- 
wählt) war einem adeligen Geschlechte zugestanden, die Thronfolgeor d- 
nung bestimmte unter den Mitgliedern der königlichen und fürstlichen 
Sippe von Fall zu Fall die Wahl des Volkes. Die Wahl bringt somit nur 
die Ueberzeugung des Volkes formell zum Ausdruck, dass der Gewählte der 
erblich Berechtigte sei: sie hat, möchte ich kurz sagen, deklarativen, nicht 
konstitutiven Charakter. Es lässt sich nicht leugnen, dass diese Auffassung, 
der sich nun auch MAURENBRECHER (Geschichte der deutschen Königswahlen, 
1889 S. 8 flg.) ohne weiteres angeschlossen hat, sehr bestechend ist. Soweit 
möglich, hat B. auch den Nachweis dafür zu liefern gesucht, freilich werden 
nach Lage des Quellenmaterials begründete Zweifel nicht verstummen. Aus 
dem zweiten Buche, welches die fränkische Zeit behandelt, möchte ich vor 
allem auf den Abschnitt über Rechtsbildung und Rechtsquellen hinweisen. 
Völlig neu und grundlegend sind hier B.’s Erörterungen über die lex Baiu- 
wariorum. Der erste Theil der besonderen Rechtsgeschichte behandelt das 
Staatsrecht des fränkischen Reiches ausführlich, ihm schliessen sich an im 
zweiten Theil der Rechtsgang und im dritten Theil das Strafrecht der 
fränkischen Zeit. Hierbei nimmt B. Stellung zu der Frage, ob das fränkische 
Staatsrecht mehr germanischer oder römischer Herkunft gewesen sei, und 
beantwortet dieselbe zu Gunsten des deutschen Rechts: römische Elemente 
haben im Wesentlichen nur mitgewirkt unter den den fränkischen Staat auf- 
lösenden und zersetzenden Kräften, so das römische Staatskirchenthum und 
das Benefizialwesen. Die folgenden Abschnitte bringen eine Fülle interessan- 
ter Abhandlungen, von denen der Rechtshistoriker viele in einem Gesammt- 
werke zum ersten Male antrifft, so über Königshort und Königsgut ($ 68), 
die Amtshoheit (8 69), den Hof des Königs und die Reichsverwaltung ($ 71 
bis 77), die Verwaltungsbezirke und ihr Aemterwesen (83 78—86), die Leist- 
ungen der Unterthanen und die einzelnen Theile der Verwaltung ($$ 87-90). 
Nicht minder eingehend sind die Anfänge des Lehenswesens ($S$ 91—96) be- 
handelt. Es ist schlechterdings unmöglich, unter den einzelnen, in dem be- 
kannten klaren und würdig einfachen Stile des Verfassers geschriebenen 
Abhandlungen eine besondere Auswahl zu treffen. 
Wenn, woran nicht zu zweifeln, B. die gleiche gründliche Erforschung
	        
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