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ordnung sowie des Gerichtsverfassungsgesetzes — jedoch unter strenger Auf-
rechterhaltung der privaten Stellung der Rechtsanwälte, welche lediglich
durch ihre Gewissenspflichten, welche in der unentwegten Pflege des Rechts
ihre Richtschnur haben müssen, in ihrem erhabenen Berufe geleitet werden
und der Aufsicht gut organisirter Anwaltskammern unterstehen — und
3. dadurch, dass man sowohl den Rechtsanwälten als auch den Staatsanwälten
durch die Gesetzgebung in Bezug auf die Ausübung des Anklage- wie des
Vertheidigungsrechts gleiche Rechte, soweit dies mit einer vernünftigen
Strafrechtspflege vereinbar ist, zuerkennt (die Vertheidigung muss selbstver-
ständlich in allen Fällen eine nothwendige sein).
Weiteres hier aus der Schrift, welche an Stofffülle überreich ist, anzu-
führen und kritisch zu beleuchten, gestattet der beschränkte Raum nicht.
Bemerken will ich nur noch, dass der Verfasser seinen ganzen Stoff in
zwei Theilen behandelt, indem er zuerst eine rechtsgeschichtliche
Darstellung des Vorverfahrens im deutschen Strafprocesse gibt und sodann
das Vorverfahren des heutigen Strafprocesses selbst zum Gegenstand seiner
eingehenden Untersuchung macht.
Zu bedauern ist, dass dem ein so reiches Material enthaltenden Buch
kein alphabetisches Register beigegeben ist, — und dass es dem Buch in
Folge des Umstandes, dass beim Druck nicht genügend Alineas gemacht
sind, und die Bezeichnung der Paragraphen im Text nur mit dürren Zahlen
ohne Inhaltsangabe gegeben ist, an einer gewissen äusseren Uebersichtlichkeit
fehlt, welche die Orientirung in demselben sehr erschwert. Bei einer etwaigen
Neuauflage liesse sich hier leicht Abhilfe treffen.
Heidelberg. Caesar Barazetti.
Reber, Herm., Landrichter zu Schneidemühl, Gegen das Verbot der
reformatio in pejus, ein Symptom des Zurückweichens
der staatlichen Strafgewalt vor dem Verbrecher.
Spandau, Neugebauer’sche Buchhandlung (Reuning & Prasse). 1892.
8° IITu 119 8.
Der Verfasser dieser Schrift, der auf die Theorien LOMBROso’s, der
Deterministen sowie der für den Ersatz der kurzzeitigen Freiheitsstrafen
durch die bedingte Verurtheilung u. s. w. eintretenden Criminalisten und
Psychiater nicht gut zu sprechen -ist — er greift namentlich KrÄPrELin, der
in Vielem Recht hat, auf S. 45 heftig an —, weil sie nach seiner Meinung
nur Symptome des Zurückweichens der staatlichen Strafgewalt vor dem
Verbrecher sind, welche in den letzten Jahrzehnten auf dem strafrechtlichen
und strafprocessrechtlichen Gebiete hervortreten, erblickt in dem durch unsere
Str.P.O. ausgesprochenem Verbote der ref. in pej, — $ 327 Str.P.O. —
nichts Anderes, als ein solches Symptom, als einen '['heil der in den letzten
Jahrzehnten hervorgetretenen, solche Symptome angeblich in sich tragenden,
Erscheinungen.