Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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„Land und Leute“ als gleichberechtigte Factoren in den Staats- 
begriff aufnimmt, so übersieht man doch offenbar, dass das Land, 
der begrenzte Theil der Erdoberfläche, nie Staat heissen kann, 
dass aber eine Corporation, auch ohne dass dieselbe an ein be- 
grenztes Stück Erde gefesselt wäre, sehr wohl die entscheidenden 
Merkmale des Staates aufweisen kann. Man spricht von einem 
Staat im Staate“ und will damit eine Gefahr für das öffentliche 
Leben kennzeichnen, wenn ein Verein eine unbeschränkte Gewalt 
über seine Mitglieder auszuüben scheint. Thatsächlich sind solche 
Befürchtungen meist übertrieben, weil, wenn auch der Wunsch 
vorhanden sein mag, doch die Mittel fehlen, um eine solche 
Herrschaft herzustellen. Aber der Sprachgebrauch bezeich- 
net vollkommen richtig dasjenige, was die Corporation zum 
Staat macht. Jedes Gemeinschaftswesen in Vereinen, Familien, 
Kirchen hat eine theilweise Unterordnung des individuellen 
Willens unter den Willen der (scsammtheit oder ihrer Vertreter 
zur Folge. Staat aber ıst diejenige Genossenschaft, in welcher 
der allgemeine Wille dem individuellen Willen unbedingt über- 
legen ist. Diese unbeschränkte Herrschaft des (Gesammtwillens 
über den Einzelwillen ist auch bei einem Nomadenvolke denkbar, 
welches seinen Wohnsitz und damit das Lokal der staatlichen 
Herrschaft unablässig wechselt. Wenn die Bewohner eines kleinen 
Landes — man denke, um der Phantasie nicht zu viel zuzumuthen, 
an Lichtenstein oder Monaco — Europas müde in einen fernen 
Welttheil zögen, so würden ihnen die Ansprüche ihrer Staats- 
gläubiger dahin folgen, während die Nachfolger im Besitze des 
vakant gewordenen Gebietes nicht ohne Weiteres für die Ver- 
pflichtungen ihrer Rechtsvorgänge im Gebiete haftbar gemacht 
werden könnten. Es würde in diesem Falle Jedem einleuchten, 
dass der Staat da ist, wo die Leute sind, nicht wo das Land 
liegt. 
Sobald in den Begriff des Staates ein Moment aufgenommen 
wird, welches nicht aus der Genossenschaft und dem Verhältniss
	        
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