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welches alle allgemeine Fragen des internationalen Privatrechts aufwirft, das
eingehendste Studium forderte.
In seinem „Notions fondamentales“ (Grundbegriffe) über-
schriebenen ersten Capitel bezeichnet es der Verfasser als sein Ziel, eine
gewisse Einheitlichkeit in der Formulirung der Aufgabe des internationalen
Privatrechts zu erreichen, gegenüber den fast unlösbaren Streitfragen, welche
heute die Juristen in diesem Fache trennen. JırTa fragt sich, ob es nicht
einen Weg gibt, um alle gründlichen Lehren zu versöhnen. Vor Darlegung
seines eigenen Standpunktes gibt er einen kurzen Abriss der Geschichte des
internationalen Privatrechts. Darauf erörtert er die verschiedenen für diese
Wissenschaft vorgeschlagenen Definitionen und stellt fest, dass dies Rechts-
gebiet dem Privatrecht zugehört, und nicht dem öffentlichen Recht, zumal
nicht dem Völkerrecht. — Aber um welchen Theil des Privatrechts handelt
es sich? — Darauf antwortet der Verfasser (S. 50) nicht mit aller wünschens-
werthen Deutlichkeit.
Auch für uns ist das internationale Privatrecht völlig verschieden vom
Völkerrecht, welches als Subjecte der Rechtsbeziehungen Staaten hat, und es ge-
hört auch u. E. vielmehr in das Privatrecht, weil in dessen Gebiete Subjecte einfache
Private sind. Das internationale Privatrecht enthält, nach unserer Meinung,
die Regeln über die Wahl zwischen den verschiedenen gleichzeitig und für
dieselbe Frage geltenden Privatrechtsgesetzen. Es bestimmt die Grenzen der
räumlichen Anwendung der Gesetze.
Jırta fasst das internationale Privatrecht viel weniger eng auf. Wie
wir weiterhin sehen werden, versteht er darunter auch das Recht der un-
mittelbar international geregelten Rechtsinstitute.
Demnächst sucht der Verfasser die Grundlage des internationalen Privat-
rechts und seine Beziehungen zu den verschiedenen Theilen der Gesetz-
gebung. Nach Jırra liegt diese Grundlage in einem allgemeinen Verein aller
Menschen, einem Erzeugniss des Naturrechts, nach welchem jedes menschliche
Wesen soviel Freiheit beanspruchen könnte, wie irgend mit der Freiheit der
andern und der Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung vereinbar
ist (S. 60). — Trotz vieler feiner Bemerkungen scheint uns dieser Theil des
Werkes nicht der werthvollste zu sein.
In einem zweiten Capitel kritisirt JırTa die hauptsächlichsten Er-
gebnisse der modernen Wissenschaft und sucht die Nothwendigkeit
einer zweifachen Methode des internationalen Privatrechts
darzuthun. — Die eine, von ihm individuelle. genannt (er geht hierbei
aber vom individuellen Staat aus, nicht von der individuellen Person), hat
zur Aufgabe die Vermehrung und Verbesserung der Sätze des internationalen
Privatrechts, welche in den nationalen Gesetzen enthalten sind; die
zweite, universelle Methode, bezweckt diese Regeln in für alle Staaten
einheitliche Gesetze oder in völkerrechtliche Verträge einzu-