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nichts gesagt sein sollte, als dass das Handeln des Staates sich
wie alles Menschenleben auf der Erdoberfläche vollzieht. Dass
diesem Handeln lokale Schranken gezogen sind, ist die erste und
unmittelbar einleuchtende Seite des Staatsgebietes. Die Grenze
ist aber ein negativer Begriff und daher sind die Rechtssätze
über das Staatsgebiet in diesem Sinne verneinende Rechtssätze.
Der absolute Charakter der Staatsgewalt über die Staatsgenossen
würde dahin führen, dass jede Uebung dieser Gewalt ohne alle
lokale Bedingung als rechtmässig gelten müsste. Der Staat würde
seinem Prinzip nach berechtigt sein, den Verbrecher, den Deser-
teur, zu ergreifen, wo ihm dies gelänge. Aber die Gewalt des
Staates über seine Angehörigen wird beschränkt durch den ver-
neinenden Rechtssatz, welcher die Action des Staates ausschliesst,
zum Unrecht macht, sobald bestimmte lokale Schranken über-
schritten werden. Dieser verneinende Rechtssatz stammt nicht
. aus dem Staatsrecht, sondern aus dem Völkerrecht. Ein Uni-
versalstaat würde nur factische, nicht rechtliche Grenzen kennen
und auch einem einzelnen, aber ausserhalb der völkerrechtlichen
Gemeinschaft bestehenden Staate könnte man keine geographischen
Grenzen setzen. Die Vertheilung des Erdbodens ist die Folge
des Nebeneinander der Staaten. Weil aber jeder Staat die völker-
rechtliche Gemeinschaft und was dieselbe unvermeidlich mit sich
bringt, will, so tritt das Institut des Staatsgebietes aus dem
Völkerrecht in das Staatsrecht hinüber und wird zu einer Selbst-
beschränkung der Staatsgewalt, so dass nunmehr eine völker-
rechtswidrige Ausdehnung der Action des Staates über die Grenzen
seines Gebietes auch aus dem Gesichtspunkte seines eigenen
Rechtes verboten ist, ja dass selbst der Unterthan eine solche
Gewaltübung als eine Rechtsverletzung bekämpfen kann.
Diese negative Seite des Staatsgebietes wird allseitig an-
erkannt. In ihr liegt aber nichts, was auf die Feststellung des
Staatsbegriffes einwirken könnte. Denn für das Wesen des Staates
ist diese Function des Gebietes gleichgültig, nur seinem Handeln