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werden dadurch rechtliche Schranken gezogen. Die Pandekten?)
definiren „territorium“ als ‚„universitas agrorum inter fines cujusque
civitatis“. Welches ist das Verhältniss der Staatsgewalt zu der
„universitas agrorum‘“‘?' Bei dem Versuche, diese Frage zu be-
antworten, bewegen sich die Schriftsteller in einer doppelten
Richtung. Einerseits wird die Gebietshoheit als ein constitutives
Element in der Staatspersönlichkeit hingestellt, so dass das Land
zu dem Staate gehören soll, wie der Körper zum Menschen.
Andererseits wird das Gebiet für ein Objekt der staatlichen
Herrschaft erklärt. Zwischen beiden Anschauungen besteht ein
unverkennbarer Gegensatz. Von dem Menschen sagen die Römer:
„dominus membrorum suorum nemo putatur“. Darum ist es
konsequent, wenn ein Schriftsteller, welcher das Gebiet für den
Staat für „ebenso absolut nothwendig‘“ erklärt wie das Volk®),
ein Recht des Staates an seinem Gebiete bestreitet: ‚es kann
ebensowenig wie von einem Rechte des Menschen an seinem
Körper oder gar an seinen Gliedmassen von einem Rechte des
Staates an seiner physischen Existenz, insbesondere auch an
seinem Gebiete, so dass ersterer Subjekt, letzteres Objekt des
Rechtes wäre, gesprochen werden‘). Die Gebietshoheit soll nach
diesem Schriftsteller kein Sachenrecht, auch kein „durchaus
staatliches Sachenrecht“, sondern nur ‚eine Seite des Rechtes
der Persönlichkeit“ sein. Die „rechtliche Nothwendigkeit einer
bestimmten räumlichen Ausdehnung des Staatswesens“ soll sich
„aus dem Wesen des Staates oder dem allgemeinen Staatszweck“
ergeben“. Die Nothwendigkeit eines Gebietes für den Staat wird
Niemand bezweifeln, da der Staat so wenig wie der Mensch in
der Luft leben kann. Es ist nur zu bestreiten, dass diese Noth-
wendigkeit eine rechtliche sei. Man könnte mit demselben Rechte
3) L.23988 V.$.
4) Von INAMA-STERNEGG: Das Wesen des Staatsgebietsrechts. Tübinger
Zeitschrift Bd. 26 1870 S. 332.
5) Ebenda S. 328.