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stellt habe, derselben nicht die Eigenschaft des delegationsweise
ausgeübten Gesetzgebungsactes nehme, sondern letzteren lediglich
im Gegensatze zu den von Zweckmässigkeitserwägumgen geleiteten
Verwaltungsact als Rechtsact charakterisire.. Dieser Auffassung
ist Folgendes entgegenzuhalten.
Im Gegensatz zu der Ungebundenheit und Unverantwortlich-
keit, mit welcher die Gesetzgebungsorgane dem Rechte gegenüber
stehen, ist die Freiheit der Behörde bei Ausübung der delegirten
Rechtsetzungsgewalt allerdings immer eine beschränkte. Zunächst
ist das Gebiet, auf welchem die Behörde Recht setzen darf,
ein begrenztes. Weiter kann eine Beschränkung darin liegen,
dass die Behörde zum Erlasse eines Rechtssatzes, dessen In-
halt ihrem Belieben überlassen bleibt, nicht nur berechtigt, son-
dern auch verpflichtet ist. Endlich kommt es vor, dass es
lediglich ins Ermessen der Behörde gestellt ist, ob sie einen Rechts-
satz, dessen Inhalt der Gesetzgeber von vornherein bestimmt
hat, erlassen will oder nicht?!). Allein eine Grenze giebt es: ist
die Entschliessung der Behörde in beiden Richtungen hinsichtlich
des Ob? und hinsichtlich des Wie? gebunden, so ist die Thätig-
keit der Behörde nicht mehr Rechtsetzung, sondern Rechtsanwen-
dung. Ein zum „Rechtsact“ gestalteter Gesetzgebungsact in dem
von GAREIS vertretenen Sinne ist eine contradictio in adjecto.
3. Ein gewichtiges Argument gegen die Richtigkeit der von
uns vertretenen Ansicht, dass die Patentertheilung nicht Rechts-
setzung, sondern Rechtsanwendung, Schaffung nur subjectiven, nicht
aber zugleich objectiven Rechtes sei, scheint die Thatsache zu
sein, dass das Reichsgericht als Revisionsinstanz unbedenklich die
Interpretation der Patentansprüche der Nachprüfung unterwirft.
Denn, lässt sich einwenden, die Revision ist nach den Bestim-
mungen der Reichscivilprocessordnung auf die Nachprüfung be-
schränkt, ob das angefochtene Urtheil auf der Verletzung einer
Rechtsnorm beruht (C.-P.-O. $$ 511, 512 Einführungs-Ges.
»1) Rosm, Das Polizeiverordnungsrecht in Preussen, 8. 41.