Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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zur Ö.-P.-O. 8 12); das Reichsgericht kann sich zur Interpreta- 
tion der Patente also nur für zuständig erachten, wenn es in der 
Patentertheilung Setzung objectiven Rechts, in dem Patent ein 
Privileg im eigentlichen Sinne erblickt. 
Letztere Schlussfolgerung ist unzutreffend. Das Reichsgericht 
stützt seine Zuständigkeit zur Interpretation von Patenten in der 
Revisiopsinstanz nicht auf die Meinung, dass Patente individuelle 
Rechtsnormen sind, sondern auf die Erwägung, dass die Anwen- 
dung oder Nichtanwendung einer Interpretationsregel als 
(sesetzesverletzung anzusehen und deshalb der Revisionsprüfung 
unterworfen sei”). Dass letztere Erwägung ausschlaggebend ist, 
erhellt daraus, dass das Reichsgericht auch die Interpretation 
rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen, welche zweifellos dem 
Thatsachengebiete angehören, in weitem Umfange für revisibel hält. 
Das Reichsgericht ha übrigens über seine Meinung keinen Zweifel 
gelassen, sondern ausdrücklich erklärt?®), dass es sich bei der Er- 
mittelung der Bedeutung einer patentirten Erfindung so wenig 
wie bei der Auslegung urkundlicher Rechtsgeschäfte um thatsäch- 
liche Feststellungen, sondern um eine richterliche Reflexion 
handle, welche von dem Revisionsrichter in demselben Umfange 
auszuüben ist, wie von dem erstinstanzlichen und dem Berufungs- 
richter. 
V. 
1. Manche halten die Patentertheilung nicht für einen ein- 
seitigen Staatsact, sondern für einen Vertrag zwischen dem 
Erfinder und dem Staate. So Daupe?®t): „Das Patent beruht, 
wie in dem Reichstagscommissionsbericht zutreffend hervorgehoben 
22) Die Richtigkeit dieser Ansicht unterliegt allerdings erheblichen Be- 
denken. Zu vgl. Busca, Zeitschrift für Civilprocess, Bd. X, 8. 311 ff. 
28) Entscheidung des Reichsgerichts vom 4. Mai 1889, Patentblatt 1889, 
Nr. 24 u. Gareıs, Entscheidungen in Patentsachen, Bd. VII, S. 180 f. 
24) Lehrbuch des Urheberrechts S. 235. Vgl. auch BarrHeı, Die Patent- 
frage, S. 21.
	        
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