— 186 —
vor, stehen sich Parteien mit differirenden Interessen gegenüber.
Allein damit ist noch nicht dargethan, dass der Ausgleich wider-
streitender socialer und wirthschaftlicher Interessen die juri-
stische Form und Structur des Vertrages annehmen, sich als Ueber-
einkunft über gegenseitige Leistungen darstellen muss. Es ist
sehr wohl möglich, dass dem Interesse des gewährenden Theiles
in der Weise Rechnung getragen wird, dass die Befriedigung des-
selben nicht vom empfangenden Theile alsGegenleistung versprochen,
sondern zu der von diesem zu erfüllenden Bedingung und zur
ipso jure eintretenden Wirkung der Leistung gemacht wird. Dies
gilt vom Patentrecht: die Offenlegung der Erfindung ist Bedin-
gung °®), die freie Benutzung der Erfindung nach Erlöschen des
Patentes die ohne Weiteres eintretende Wirkung der Patenti-
rung. Weder zur Offenlegung noch zur Ueberlassung der Erfin-
dung an die Allgemeinheit verpflichtet sich der Patentsucher ®®).
VI
1. Wird, wie bei der Patentertheilung, ein subjectives Recht
durch eine Behörde in Anwendung einer generellen Rechtsnorm
begründet, so lässt sich wohl das subjective Recht, nicht aber
die generelle Rechtsnorm als Privilegium im weiteren Sinne be-
des Norddeutschen Bundes, S. 69 ff.; JELLINEK a. a.O. S. 194; Kunze, Der
Gesammtact ein neuer Rechtsbegriff; Mexzer, Die Arbeiterversicherung nach
österr. Rechte, S. 1151.
se) „Zur deutschen Patentgesetzgebung“. Im Auftrage des Vereins
deutscher Ingenieure ausgearbeitete Denkschrift. Magdeburg und Osnabrück
im Dec. 1868. S. 8 Anmerkung: „Der Erfinder macht dadurch, dass er dem
Staate gestattet, die Erfindung zu veröffentlichen, eine Gegenleistung gegen
das ihm vom Staate verliehene Patentrecht. Man betrachtet daher wohl
auch die Sache vom Standpunkte eines Vertrages. Da indessen der Staat,
indem er das geistige Eigenthum anerkennt, auch berechtigt ist, die Bedin-
gungen der Anerkennung festzusetzen und diese Bedingungen in der Wirk-
lichkeit auch durch ein Gesetz festgestellt werden, so trifft der Gesichtspunkt
eines Vertrages theoretisch und praktisch nicht zu.“
s0) JELLINEK a. a. O. S. 207 ff. Renn, Die rechtl. Natur der Gewerbs-
concession, 8. 77. Orro MavEr im Archiv für öfl. R., Bd. II, S. 40£.