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Die prozessrechtlichen Wirkungen einer Aenderung
der Gerichtsterritorien.
Von
Landgerichtsrath KorPpeErs in Münster.
Der Gerichtsstand als Grundbegriff der ordentlichen streitigen
Gerichtsbarkeit beruht auf geographischer Abgrenzung des Ge-
richtsterritoriums, welche dadurch, dass die grosse Ausdehnung
des Staatsgebietes und die Vielheit der Menschen im Staate eine
Menge von Gerichten erster Instanz erheischt, sich von selber
als rechtliche Nothwendigkeit ergibt Da der Staat das Richter-
amt einsetzt, so gehört die Bildung und Aenderung der Gerichts-
territorien dem öffentlichen Rechte an. Ein aus dem öffentlichen
Rechte herzuleitender Grundsatz ist der alte Satz: Extra terri-
torium jus dicenti non paretur.
Die processrechtlichen Wirkungen einer Aenderung der Ge-
richtsterritorien haben in der Litteratur noch wenig Beachtung
gefunden. Sie sind nicht, wie es auf den ersten Blick scheinen
möchte, formaler und für das praktische Ergebniss der Rechts-
pflege indifferenter Art, sondern, wie die Erfahrung in Preussen
gezeigt hat, von grossem Belange für die Rechtssicherheit. Die
Lösung der auf sie bezüglichen Fragen hat in mehr als einem
Gesetzgebungsfalle den Scharfsinn preussischer Praktiker heraus-
gefordert. Es ist von wissenschaftlicher Bedeutsamkeit, zu sehen,
wie die Gerichte und die Justizverwaltung sich zu diesem, ins-
besondere die Konkurrenz von Reichsrecht und Landesrecht be-
treffenden Rechtsstoffe gestellt haben.