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Gesetz vom 12. Februar 1884:
„In der Stadt Memel wird ein Landgericht errichtet. Der
Bezirk desselben wird aus den Bezirken der Amtsgerichte zu
Memel, Prökuls, Heydekrug und Russ gebildet. Dieses Gesetz
tritt mit dem 1. Jannar 1885 in Kraft“.
Das Gesetz bestimmte: „In der Stadt Memel wird ein Land-
gericht errichtet“; — es sagte nicht: „Das Landgericht Memel
tritt hinsichtlich des ihm zugewiesenen Bezirkes an die Stelle des
Landgerichts Tilsit“.
Mit vollem Rechte wurde aber vom Landgerichte Tilsit der
letztere Satz subintelligirt.
Das Gericht, — als das Gericht eines Sprengels im oben er-
wähnten Sinne der Motive zum deutschen Gerichtsverfassungs-
gesetze, ist ein vom Staate geschaffener, mit juristischer Persön-
lichkeit versehener Organismus, bestehend aus einem oder mehreren
Richtern (welche wechseln, — und deren Zahl geändert werden
kann, — ohne dass dadurch der Organismus berührt wird).
Das Substrat dieses Organismus bildet der Gerichtsbezirk
dergestalt, dass der Organismus getrennt von diesem Substrate
nicht gedacht werden kann. Wird der Bezirk des Gerichtes A
ganz dem Bezirke des Gerichtes B zugelegt, so hört damit von
selber das Gericht A auf zu bestehen; — etwas sich von selbst
Verstehendes ist also im preuss. Ges. vom 10. März 1886 G.-S.
S. 41 gesagt:
„Das Amtsgericht zu Neustadt- Magdeburg wird auf-
gehoben und der Bezirk desselben dem Amtsgericht zu
Magdeburg zugetheilt.
Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1886 in
Kraft.“ |
Wird der Bezirk des Gerichts A. in zwei Theile getheilt, so
dass für den einen Theil ein neues Gericht B errichtet wird, so
ist das Gericht A. in seinem Wesen verändert, denn eben die
dem Organismus gegebene Iurisdiktionsgewalt, mit welcher er sein
Archiv für öffentliches Recht. IX. 2. 14