Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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Hinweisung auf die grosse materiell-rechtliche Bedeutsamkeit 
unserer Frage. 
In mehreren alten Berufungssachen hat, wie mir mitgetheilt 
wird, das Landgericht Essen sich für unzuständig erklärt und die 
Sachen an das Landgericht Bochum verwiesen. Die Sachen sind 
auf entsprechende Ladung der Berufungskläger vor dem Land- 
gerichte Bochum zur Verhandlung gekommen und dieses hat 
durch Urtheil seine Unzuständigkeit ausgesprochen. Das dem- 
gemäss mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts nach 8 36 
Nr. 6 C.-P.-O. befasste Oberlandesgericht hat das Landgericht 
Essen als zuständiges Berufungsgericht bestimmt. Die Gründe, 
durch welches ein Urtheil der Berufungskammer des Landgerichts 
Essen die Unzuständigkeit rechtfertigte, lauten wie folgt: 
„Durch die Errichtung eines neuen Gerichts in einem bestimmten Be- 
zirke wird die richterliche Gewalt desjenigen Gerichts, welchem bisher eine 
gleiche Gerichtsbarkeit in demselben Bezirke zugestanden hat, aufgehoben 
und es bedarf keiner ausdrücklichen gesetzgeberischen Bestimmung hierüber, 
da zwei Gerichte gleicher Competenz nicht gleichzeitig an einem Orte zu- 
ständig sein können. Das neue Gericht erscheint aber als eine Fortsetzung, 
und unmittelbare Nachfolge der bisher in seinem Bezirke zuständigen Ge- 
richte gleicher Competenz, wenn nicht eihe Unterbrechung der Rechtspflege, 
welche durch die Herstellung eines neuen Gerichts neben den bisherigen 
Gerichten niemals bezweckt werden kann, eintreten soll. 
Bei dem Amtsgerichte zu Bochum hat bis zum 1. Oktober d. J. eine 
eigene Kammer für Handelssachen bestanden, welche am 1. Oktober cr. auf- 
gehoben worden ist. Wenn durch die Verfügung des Herrn Justizministers 
vom 10. Juni 1892, J.-M.-Bl. von 1892, S. 195, eine Kammer für Handels- 
sachen bei dem neuen Landgerichte zu Bochum für den grösseren Bezirk 
desselben hergerichtet worden ist, so sind zu dieser nur Richter aus einem 
anderen Bezirk und ein neuer Vorsitzender ernannt worden, so dass sie nicht 
als dieselbe Kammer wie die frühere, sondern als ein neuer Gerichtshof an- 
gesehen werden muss. Sie ist aber dennoch als eine Fortsetzung und un- 
mittelbare Nachfolge der früheren Kammer für Handelssachen zu Bochum 
bezüglich deren Gerichtsbezirks anzusehen, weil ihr die Gerichtsbarkeit in 
Handelssachen jetzt für diesen Bezirk zusteht. Wäre dies nicht, so würden 
bei der aufgehobenen Kammer alle anhängigen Sachen in der Schwebe 
bleiben und kein Ende erlangen können, und die Kläger müssten in diesen 
Sachen neue Klagen erheben, wenn sie ihr Recht weiter verfolgen wollten. 
Alle bei der aufgehobenen Kammer für Handelssachen zu Bochum anhängigen
	        
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