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schrift die Geltung der Militärgesetze für die Marine anzuordnen.
Dies ist aber nicht geschehen, diese Geltung vielmehr als etwas
Selbsverständliches vorausgesetzt und es sind eine Reihe von
königlichen Erlassen da, welche Spezialfragen regeln, z. B. die
Kabinetsordre vom 13. Juni 1850 (Militärwochenbl. 8. 156), aber
in der Gesetzsammlung nicht publizirt sind.
Nach Art. 61 der Reichsverfassung soll nun die gesammte
preussische Militärgesetzgebung namentlich die Militärstrafgerichts-
ordnung vom 3. April 1845, im ganzen Reiche eingeführt werden.
Dies ist geschehen mit Ausnahme Bayerns und Württembergs.
Ist nun damit gesetzlich bestimmt, dass die Militärstrafgerichts-
ordnung auch für die Marine gelten solle?
Art. 61 findet sich im 11. Abschnitt unter. der Ueberschrift
„Reichskriegswesen“, während von der „Marine“ im 9. Abschnitt die
Rede ist. Jener Artikel hatte offenbar nur den Zweck dieVerschieden-
heit der Militärstrafrechte des Landheeres zu beseitigen, bezieht sich
also gar nicht auf die Marine (vgl. v. Krıes im Archiv für öffentl.
Recht Bd. 5, 8. 377). Da nur Preussen damals eine Marine hatte
und für diese kraft verschiedener Verwaltungsvorschriften das
preussische Militärstrafrecht schon galt, so hat man auch eine Ein-
führung desselben bei der Reichsmarine für überflüssig gehalten.
In dem Bundesgesetze vom 29. Dez. 1867 (B.-G.-Bl. S. 185)
nebst Anlagen ist auch nirgends ausdrücklich die Marine erwähnt.
Nur eine Beilage zur Strafgerichtsordnung ist betitelt: „Klassi-
fikation der zum preussischen Heer und zur Marine gehören-
den Militärpersonen“. Hieraus aber lassen sich keine Schlüsse
ziehen für unsere Frage. Von den zahlreichen preussischen Er-
lassen, welche sich auf das Strafverfahren bei den Marinegerich-
ten beziehen, wird kein einziger zum Abdruck gebracht.
Wollte man aber auch in dem Bundesgesetze vom 29. Dez.
1867 ein Publikation der Militärstrafgerichtsordnung vom 3. April
1845 für die Marine finden, so würde dieselbe für Bayern und
Württemberg nicht erfolgt sein.