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Reguisitionen an Behörden erlässt der Kommandeur (unter dessen
Leitung das Ehrengericht steht). Es dürfen jedoch die Acten
des Ehrengerichts ..... den zu requirirenden Behörden nicht mit-
getheilt werden.“
Diese preussische Verordnung, welche auf ausdrückliche An-
ordnung des Königs in der preussischen Gesetzsammlung von 1844
S. 299 als Gesetz verkündet wurde, ist auf Grund des Art. 61
der Reichsverfassung im ganzen Reichsgebiet mit Ausnahme
Bayerns !7) eingeführt wordenund zwar ebenfalls als alle Einwohner
bindendes Gesetz. Es haben also die ordentlichen Gerichte den
Ehrengerichten Rechtshülfe zu leisten, denn wenn gesetzlich der
Erlass einer Requisition zulässig ist, dann muss auch andererseits
die Pflicht zur Ausführung bestehen. Die Rechtshülfepflicht er-
giebt sich aber auch aus einer anderen gesetzlichen Bestimmung,
nämlich der in der Gesetzsammlung publicirten Kabinetsordre vom
18. Juli 1844 (G.-S. 8. 299). Dort ist bestimmt, dass Jedermann
im Staate ohne Unterschied des Standes, in ehrengerichtlichen
Untersuchungen sich als Zeuge vernehmen zu lassen schuldig ist
und der Vorladung zur eidlichen Vernehmung als Zeuge in einer
solchen Untersuchung — gleichviel ob die Vernehmung durch den
Ehrenrath oder ein dazu requirirtes Militär- oder
Civilgericht erfolgen soll, — bei Vermeidung der im $ 312
der Criminalordnung angedrohten Strafen genügt werden muss.
Veranlassung zur Verkündung dieser Kabinetsordre in der Form
eines Gesetzes gab der Umstand, dass einige Civilgerichte Be-
denken gegen die Befugniss der Ehrengerichte zur eidlichen Ver-
nehmung von Civilpersonen erhoben hatten.
Diese Cabinetsordre, welche zunächst nur für Preussen galt,
ist, da sie mit der preussischen Militärgesetzgebung insbesondere
der Verordnung über die Ehrengerichte vom 20. Juli 1843, eng
zusammenhängt, auf Grund des Art. 61 d. Reichsverf. im ganzen
17) Vgl, Meyer, Deutsches Staatsrecht 1878, S. 525.