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Reiche mit Ausnahme Bayerns Gesetz geworden. Wenn sie auch
nicht ausdrücklich aufgeführt ist, so folgt ihre Einführung als
Gesetz doch deutlich aus dem Wortlaut und Sinn des Art. 61
a.2.0., nach welchem das in Preussen geltende Militärstrafrecht,
insbesondere das Strafgesetzbuch für das preussische Heer vom
3. April 1845, einschliesslich der Strafgerichtsordnung, nebst allen
dasselbe abändernden ergänzenden und erläuternden Vorschriften
im Bundesgebiete als (fesetz verkündet werden soll ®).
Durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 2. Mai 1874 ist nun
der 8 29 der Verordnung vom 20. Juli 1843 aufgehoben worden.
Im 8 35 und 36 jener Ordre ist bestimmt, dass der Kommandeur,
unter dessen Leitung das Ehrengericht steht, die Vorladung des
Angeschuldigten und der Zeugen zu veranlassen habe, und, falls
diese nicht am Orte des Ehrengerichts anwesend seien, ihre Ver-
nehmung durch ein dazu requirirtes Militär- oder Civilgericht zu
geschehen habe. „ÜOivilgerichte, durch welche Vernehmungen zu
bewirken sind, werden durch ein Militärgericht requirirt 9). „Ist
die Vereidigung anderer Zeugen (nämlich solcher, welche nicht
deutsche Offiziere sind) nothwendig, so geschieht dieselbe stets
durch ein dazu zu requirirendes Militär- oder Civilgericht.“
Ob die Gesetzeskraft habende Verordnung vom 20. Juli 1843
durch Kabinetsordre des Königs von Preussen aufgehoben werden
konnte, diese Frage kann hier unerörtert bleiben; jedenfalls ist
die einmal gesetzlich begründete Rechtshülfepflicht bestehen ge-
blieben. Die erwähnte Kabinetsordre vom 18. Juli 1844 (G.-S.
S. 299) ist aber nicht aufgehoben und besteht auch jetzt noch
18) Die amtliche Zusammenstellung, welche dem das preussische Militär-
strafrecht im ganzen Bundesgebiete einführenden Bundesgesetz vom 29. Dez.
1867 (B.-G.-Bl. S. 185) beigegeben ist, ist, wie auch Rönnz, Verfassungsrecht
des deutschen Reiches 1872, S. 66 Anm. 18, anerkennt, nicht vollständig.
10%) Da der Kommandeur gewöhnlich auch Kommandeur eines Regiments
oder selbständigen Bataillons ist, so requirirt diesfalls das Gericht des
x. Regiments oder z. B. des x. Landwehrbataillons, dessen Gerichtsherr der
Kommandeur ist.