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nicht als „Disciplinargericht“ angesehen werden kann. Als Er-
gänzung zu den 8$ 35 u. 36 der Kab.-Ordre v. 2. Mai 1874 tritt
hier vielmehr der 838 der Verordnung vom 2. Jan. 1849 (G.-S. S. 1)?°)
welcher bestimmt, dass sich Gerichte und Verwaltungsbehörden
gegenseitig bei Erledigung der ihnen obliegenden Geschäfte inner-
halb ihres Ressorts Unterstützung leisten sollen. Dieser staats-
rechtliche Grundsatz ist auch für die später erworbenen Gebiets-
theile Preussens massgebend. (vgl. Beschl. d. Kammergerichts vom
6. Octb. 1890 bei Jouow-Küntze, Bd. 10, S.1 ff.). Beschwerden
werden im Aufsichtswege geregelt. (Vgl. Jouow-KÜNTZzEL, Bd. 4,
S. 115).
Die Zulässigkeit der Rechtshülfe gegenüber Ehrengerichten
wird der Civilrichter nach der Reichsstrafprozessordnung beurtheilen
müssen. Mangels besonderer Vorschriften ist das jeweilig geltende
Strafprozessrecht in einem Disciplinarverfahren zur Anwendung
zu bringen. (Vgl. Motive zum Gesetz vom 9. April 1879; Druck-
sachen des Herrenhauses 1878/79. Bd. 1 Nr. 17 8. 28).
II. Die Festsetzung und Vollstreckung von ÖOrdnungsstrafen
gegen Militärpersonen wegen Nichterscheinens als Zeugen oder
Sachverständige oder wegen Verweigerung des Zeugnisses oder
Gutachtens erfolgt durch das Militärgericht, nicht etwa durch das
Civilgericht, vor das sie geladen. (S. 345 Abs. 4 O.-P.-O.; 8 50
Abs. 4 St.-P.-O.).
Es fragt sich nun, ob umgekehrt dasselbe stattfindet.
Nach der bayrischen Militärgerichtsordnung (Artt. 110, 141)
erfolgt die Vorladung von Personen des Civilstandes vor das
Militärgericht auf dessen Requisition durch das zuständige Civil-
gericht, ebenso die Bestrafung der ungehorsamen Zeugen. Nur
in dringenden Fällen und im Felde ist die unmittelbare Vorladung
zulässig (Art. 110). Feldgerichte können auch gegen Civilpersonen
20) JasTRow a. a. O. S. 512 meint, die Vorschrift sei nur für geschäft-
liche Ansuchen, nicht für Rechtshülfe im eigentl. Sinne bestimmt.